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Wie schädlich ist das Häuserbauen?

Die Bauwirtschaft schadet dem Klima. Aber das tun die meisten alten Häuser leider auch

Wie schädlich ist das Häuserbauen?

Eine beliebte Antwort auf die Wohnungskrise ist die Forderung, mehr zu bauen. Andererseits ist die Bauwirtschaft ein großer Klimakiller, oder?

Ist sie. Aber man muss natürlich sagen, dass die Klimabelastungen durch die Gebäude, die schon da sind, noch eine Nummer größer sind. Einfach deswegen, weil die Häuser ja temperiert werden, auch wenn die Winter immer milder werden. Vom Treibhausgas-Fußabdruck im Gebäudebereich gehen 74,6 Prozent auf die Nutzung und den Betrieb.

Ist das nicht eine Frage der besseren Isolierung?

Schon. Aber wenn mehr gebaut wird, gibt es auch mehr Gebäude, die Energie verbrauchen, auch wenn Isolierung und Heiztechnik in neueren Gebäuden effizienter sind. Die meisten sind nur geringfügig über den gesetzlichen Vorgaben – kaum ein Gebäude ist geeignet, den Klimazielen, die wir uns gestellt haben, tatsächlich gerecht zu werden.

Ist nicht der gängige Baustoff Beton besonders übel für das Klima?

Auf jeden Fall ein echtes Problem. Denn erstens steckt im Beton Zement. Und dessen Herstellung setzt ordentlich Kohlendioxid frei. Einmal weil die Hitze in den Drehrohröfen der Zementfabriken mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Und zudem wird aus dem dort gebrannten Kalkstein selbst noch eine nennenswerte Menge CO2 frei. Ein Teil davon wird allerdings beim Abbinden des Betons wieder aus der Luft geholt. Aber lange nicht so viel wie bei der Herstellung frei wird. Und zweitens musst du die ganzen Zuschlagstoffe, Kies oder Sand oder beides, irgendwo ausgraben und hintransportieren.

Insbesondere wenn Kiesgruben in Feuchtgebieten entstehen.

Ja, wenn man die trockenlegt, dann wird Methan und Kohlendioxid frei. Ich denke, das ist in den Berechnungen der Baustoffwirtschaft nirgends mit eingepreist.

Warum nicht einfach Wüstensand?

Der ist zu wenig betontauglich. Und für uns auch etwas weit weg.

Und was ist mit dem märkischen Sand unter unseren Füßen?

Da wir ja bekanntermaßen mehrmals von Gletschern der Eiszeit überrollt worden sind und die eine Menge an Gestein mehr oder minder fein gemahlen haben, liegt im norddeutschen bis mitteldeutschen Raum ziemlich viel davon, teilweise gleich kurz unter der dünnen Mutterbodenschicht. Und anders als bei Windkraftwerken gibt es bei Kiesgruben offenbar keine allzu ernste Abstandsregelung zu Wohngebieten. In der Zeitung las ich, dass bei Leipzig eine Grube 70 Meter vom nächsten Wohngebäude entfernt entsteht. Da gilt das Bergrecht, und das ist ziemlich industriefreundlich. Aber zunehmend gibt es Widerstand bei Anwohnern.

Kann man nicht statt Beton Ziegel oder Backsteine nehmen?

Wenn man sich die Kirchen aus dem Mittelalter im norddeutschen Raum anguckt, sieht man, das ist ein extrem haltbarer Baustoff. Aber auch deren Herstellung braucht viel Energie. Außerdem muss auch der Ton dafür aus der Erde geholt werden.

Was ist also dein Vorschlag?

Weniger abreißen und weniger neu bauen. Man müsste sich viel mehr darum kümmern, dass die existierenden Räume vernünftig genutzt werden. Dass man also statt einem den Preis regulierenden Büro-Leerstand lieber Büros in Wohnraum umwandelt. Im Zeitalter der offenkundig funktionierenden Homeoffice-Technik sind all die Büroneubauten ohnehin eine seltsame Sache. Ebenso, dass Leute, die aus zu großen Wohnungen in kleinere wollen, durch die höhere Miete der kleineren Wohnung abgeschreckt werden.

Also mehr planwirtschaftliche Elemente?

Wenn sie wirklich als Planwirtschaft funktionieren und nicht bloß als dysfunktionale Ideologie.

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