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Sozialgipfel: Berlin braucht Tarifbindung und 29-Euro-Ticket

Schwarz-Rot darf das Soziale nicht vernachlässigen, fordern Mieterverein, Arbeiterwohlfahrt und Sozialverband

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unglaublich engagiert und vor allem kompetent«, »ein sehr gut geführtes Haus«, »eine Zeit geprägt von tiefer Leidenschaft für soziale Themen« – ein bisschen Wehmut schwingt mit, als sich die Vertreter*innen des Berliner Sozialgipfels auf der Pressekonferenz am Mittwoch an die Arbeit mit Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) und ihrer ebenfalls linken Vorgängerin Elke Breitenbach erinnern. »Wenn die zukünftige Senatorin oder der Senator auch nur ansatzweise so viel tun wird, ist uns schon viel geholfen«, sagt Oliver Bürgerl, Landesgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Berlin-Brandenburg.

Welchen Aufgaben und Themen sich die bald neu geführte Verwaltung für Arbeit und Soziales mit vergleichbarem Elan widmen sollte, hat das Bündnis des seit 13 Jahren jährlich tagenden Sozialgipfels in einem Empfehlungspapier zusammengefasst – pünktlich zur konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag. Es gehe um eine funktionierende Daseinsvorsorge, erklärt Bürgel. Und darunter fallen so ziemlich alle Aspekte eines Menschenlebens: Gesundheit, Mobilität, Wohnen, Bildung, Arbeit und die Verwaltung, die den Zugang gewährleisten muss.

Die Verwaltungsreform stellt dementsprechend einen zentralen Punkt dar. »Bessere finanzielle, digitale und personelle Ausstattung der Verwaltung für die Bearbeitung der Anliegen der Hilfesuchenden sowie der Sozialwirtschaft«, so lautet die Forderung auf Papier. Ursula Engelen-Kefer vom Sozialverband Deutschland, Landesverband Berlin-Brandenburg, gibt ein konkretes Beispiel: das neu eingeführte »Wohngeld Plus«. »Wir haben monatelange Dauern für die Behandlung der Anliegen«, erzählt sie, gerade wenn es um Nachfragen bei den Ämtern gehe. »Viele ältere, digital nicht so affine Rentner kommen dann zu uns, weil sie den Wohngeldrechner nicht benutzen können.« Mehr Personal wäre notwendig, um diese »ungeheuer wichtige Verbesserung« auch tatsächlich umzusetzen.

Was Mobilität betrifft, fordert der Gipfel einen bezahlbaren und barrierefreien öffentlichen Nahverkehr. Kefer hofft, dass der neue Senat außerdem die reduzierten Ticketangebote als Ergänzung zum bundesweiten 49-Euro-Ticket über den 30. April hinaus weiterführt. Hier ist sie zuversichtlich, dass die SPD an dem Projekt des dauerhaften 29-Euro-Tickets festhält.

Weniger Hoffnung dürfte sich Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein machen. Um Wuchermieten zu verhindern, schlägt der Verein ein Landesamt für Wohnungswesen vor, das existierende Instrumente wie die Mietpreisbremse konsequenter nutzen und Verstöße tatsächlich ahnden sollte. »Bisher erleben wir eine kontinuierliche Überschreitung der Mietpreisbremse«, so Hamann. Zudem soll Berlin die »Möglichkeiten zur Rekommunalisierung und Vergesellschaftung von Wohnraum prüfen«. Mehr muss sie dazu nicht sagen. Die skeptische bis feindliche Haltung bei SPD und CDU zum Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co enteignen ist hinlänglich bekannt.

Katja Karger vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Berlin-Brandenburg redet schließlich über Arbeit. Bevor der Sozialstaat aushelfe, müsse alles versucht werden, dass die Würde der Menschen »von ihrer Hände Arbeit« gedeckt sei, so Karger. Dafür brauche es auch im öffentlichen Dienst gute Arbeitsbedingungen und Löhne. Aktuell arbeiteten nur noch 14 Prozent der Berliner Betriebe tarifgebunden. Dabei spielten auch unfaire Vergabeprozesse für öffentliche Projekte eine Rolle, in denen tarifgebundene Träger meist den Kürzeren zögen, und das gerade im sozialen und im Gesundheitssektor. »Das ist ein Lohndumping, das wir nicht zulassen können«, sagt Karger. Der DGB fordert deshalb eine Tarifbindung aller Bereiche im öffentlichen Dienst.

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