- Kommentare
- Globaler Süden
Schuldenreport 2023: Lindner bricht sein Wort
Martin Ling über die Schuldenkrise im Globalen Süden
Es ist keine gewagte Prognose: Für die verschuldeten Länder des Globalen Südens wird sich durch den Krieg in der Ukraine und die globale Zinswende die Lage weiter verschlechtern. Die Frage ist nur, wie drastisch. Der Schuldenreport 2023 hat die Entwicklungen aus dem Jahr 2022 noch nicht erfasst. Und schon vorher galt: 90 Prozent der extrem armen Menschen weltweit leben in kritisch oder sehr kritisch verschuldeten Ländern. Dort werden die sozialen und ökonomischen Grundrechte der Bevölkerung dem Schuldendienst geopfert.
Die deutsche Bundesregierung steht in der Pflicht. Sie hat sich im Koalitionsvertrag für die Unterstützung eines internationalen Staateninsolvenzverfahrens ausgesprochen, das alle Gläubiger miteinbezieht und Schuldenerleichterungen für besonders gefährdete Ländergruppen umsetzt. Doch bis heute gab es weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene eine erkennbare politische Initiative von der Ampelkoalition. Stattdessen wird von Fall zu Fall umgeschuldet, desto später, desto höher sind in der Regel die sozialen Kosten für die Bevölkerung in Form von Strukturanpassungsprogrammen.
Was es seit Ende 2020 gibt, ist ein Umschuldungsrahmenwerk der G20, dessen explizites Ziel es ist, präventiv Schuldenprobleme zu bewältigen. Dafür hat sich auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner ausgesprochen. Das einzige Land, das seine Verhandlungen unter diesem Rahmen bisher zu Ende gebracht hatte, ist der Tschad. Ergebnis: Die im Pariser Club zusammengeschlossenen Gläubigerländer einschließlich Deutschland kamen zum Schluss, dass der Ölpreis mittelfristig hochbleiben wird und der Tschad daher keine Schuldenerleichterungen benötigt. Aus den Ländern des Globalen Südens wird weiter herausgepresst, was geht. Und die Bundesregierung macht mit.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.