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Wohnungsunternehmen Vonovia steckt in der Krise
Forderungen nach Vergesellschaftung werden lauter
»Vonovia steht beispielhaft für all das, was falsch läuft«, ruft eine Rednerin am Samstag vor dem Bochumer Hauptbahnhof in ein Mikrofon. Bei Deutschlands größtem Wohnungskonzern gehe es nur um die Zufriedenheit der Aktionär*innen. Das will die Rednerin genauso wenig wie etwa 250 andere Menschen, die das Bündnis »Gemeinsam gegen Vonovia & Co« auf die Straße gebracht hat. Anlass für die Demonstration ist die Vonovia-Hauptversammlung, die am vergangenen Mittwoch stattgefunden hat. Nur als virtuelle Hauptversammlung, wie es seit Corona möglich ist. Die Demonstant*innen bedauern das. Gerne hätten sie bei einer Hauptversammlung direkt protestiert. Diese Aufgabe mussten die kritischen Mieteraktionär*innen übernehmen. Sie ließen Mieter*innen aus Bottrop zu Wort kommen, die sich über undurchsichtige Nachforderungen zu ihrer Wärmeversorgung beschwerten. Der Sprecher der Mieteraktionär*innen Knut Unger stellte außerdem eine ganze Reihe von Anträgen gegen die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats von Vonovia und gegen die Ausschüttung einer Dividende.
Kritik am Handeln der Vonovia-Chefetage gibt es in diesem Jahr nicht nur von Menschen, die dem Konzern grundsätzlich kritisch gegenüberstehen. Auch gewinnorientierte Anleger*innen betrachten Vonovia mit Sorge. Arne Rautenberg von Union Investment erklärte bei der Hauptversammlung seine Unzufriedenheit damit, dass die Vonovia-Aktie im letzten Jahr die Hälfte ihres Wertes verloren hat. Auch der Schuldenberg, auf dem Vonovia sitzt, bereitet dem Finanzmanager Sorgen. Vonovia riskiere ein »Downgrade« durch Ratingagenturen, dies könne »eine Abwärtsspirale in Gang setzen«.
Vonovias Geschäftsmodell funktionierte bisher so, dass der Konzern in erster Linie auf Wachstum ausgerichtet war. Günstige Zukäufe erhöhten den Wert des Unternehmens, Schulden wurden durch neue, günstigere Kredite bedient. Das klappt nicht mehr, seitdem die Zinsen steigen und Immobilien an Wert verlieren. Im ersten Quartal sank der Gewinn aus dem operativen Geschäft um fast 18 Prozent, auf 462 Millionen Euro. Wegen des Werteverlusts im Immobilienbestand hat Vonovia einen Gesamtverlust von über zwei Milliarden Euro erwirtschaftet.
Das führt beim Konzern zu drastischen Maßnahmen. Neubauprojekte werden eingestellt, die Summe für energetische Sanierungen drastisch gekürzt. Kürzlich verkaufte der Konzern außerdem 1350 Wohnungen für einen Preis von 560 Millionen Euro.
Die Sorge ist groß, dass Vonovia die Mieten stärker steigern und weitere Immobilien an stärker Rendite getriebene Firmen verkaufen könnte. Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler will dem etwas entgegensetzen. Gegenüber dem »Spiegel« forderte sie den Staat auf, bei Vonovia einzusteigen. Der dürfe bei »Verramschungsplänen« nicht zusehen. Die Bestände von Vonovia sollten an landeseigene und kommunale Wohnungsunternehmen übertragen werden, forderte Wissler.
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