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Wie Ahne einmal lebte
Endlich: Der erste Roman vom Berliner Gottsprecher
Glückwunsch! Das Lesebühnen-Urgestein Ahne hat es geschafft, einen Roman zu veröffentlichen. Schon vor zwei Jahrzehnten erwartete der KiWi-Verlag von ihm über kurz oder lang einen Roman, doch die Kölner mussten sich mit den Geschichtensammlungen »Wie ich einmal die Welt rettete« (2001) und »Ich fang noch mal von vorne an« (2003) zufriedengeben.
Ahne formulierte einst kurz und knackig, er schreibe Geschichten und die Leute wollen Geschichten. Die große Erwartung, einen Roman herausbringen zu müssen, verfolgte ihn dennoch über all die Jahre als Mitglied der Berliner Lesebühnen »Surfpoeten« und »Reformbühne Heim und Welt«. Davor schützten ihn auch nicht seine traditionellen »Zwiegespräche mit Gott« die er für Radio Eins einlas und ab 2007 in fünf Bänden bei Voland & Quist veröffentlichte.
Da erschien auch 2012 ein Werk, in dem sich Geschichten und Strichzeichnungen finden, charmant mit »Wieder kein Roman« betitelt. Doch Voland & Quist ließ nicht locker. Und jetzt ist er da: Ahnes autobiografischer Roman »Wie ich einmal lebte«, der 1968 mit seiner Geburt in Ostberlin beginnt und im Oktober 1989 mit den großen Demonstrationen für die Reformierung der DDR endet.
Der Alltag in der Hauptstadt hatte es in sich, denn als der Vater die Frau und die drei Kinder verließ, musste Ahne frühzeitig erwachsen werden, obwohl er als spindeldürrer Junge schon genug damit zu tun hatte, sich unter den Gleichaltrigen etwas Akzeptanz zu verschaffen. Ein Mitschüler bespuckte ihn. Bei Ahne knallten die Sicherungen durch, er sprang auf und schlug zu. Sein Widerpart blutete und weinte. Viel lieber aber wandelte Ahne auf dem nach ihm benannten sozialistischen Traumkontinent Ahnerka umher und vollbrachte in allen Sparten fortwährend Heldentaten; ob im Regenwald oder in der Prärie.
In seiner Fantasiewelt funktionierte alles einfacher als in Karlshorst. Gelangte er an die Grenze seiner Vorstellungskraft, schaltete er um auf Friedensfahrt oder Fußball-Oberliga. Als die Schulzeit sich 1984 dem Ende zuneigte, war für Ahne ewig nicht klar, welche Rolle er, der sich selbst ziemlich neben der Spur wähnte, im weiteren Leben spielen sollte. Mit seinen zwei linken Händen absolvierte er eine Drucker-Lehre in der Druckerei vom »Neuen Deutschland«. Der Punkrock kam ins Spiel, später auch die Liebe. Der NVA sagte Ahne bei der Musterung notgedrungen anderthalb Jahre zu, die ihm aber weit weg schienen. Er würde als über 30-Jähriger seinen Ehrendienst leisten müssen, informierte man ihn, wenn er eine Familie hätte. Da wäre er schon tot, dachte er erleichtert – und wurde wenig später eingezogen. Was wollte die Armee mit ihm? Wie sollte er dort mit der Hierarchie klarkommen? Als er diese Monate während des letzten DDR-Jahrzehnts hinter sich gebracht hatte, begann er, an der Verbesserung der Zustände zu arbeiten.
Die 270 Seiten lesen sich flott und ehrlich, lustig und ernst. Dass Ahne ein großartiger Performer ist, ist seit Jahren bekannt, doch er wird auch mit diesem wahrhaftigen Roman den Ansprüchen gerecht. Ein schönes Buch, gerade richtig für den Schulunterricht zum Thema DDR.
Ahne: Wie ich einmal lebte.
Voland & Quist, 270 S., geb., 26 €.
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