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Haushalt: Kabinett bestätigt Streichliste
Ministerrunde befasst sich mit Kürzungsplänen für Etat 2024
Ökonomen und Gewerkschafter kritisierten die Haushaltseinigung der Spitzen der Ampel-Koalition vom 13. Dezember als »Investitionsbremse« und kontraproduktiv in Sachen Klimaschutz. Am Mittwoch setzte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nun die Mitglieder seines Kabinetts über die Einzelheiten in Kenntnis. Änderungen wurden bislang nicht beschlossen.
Wütend machen die Kürzungspläne insbesondere die Bauern. Tausende von ihnen demonstrierten am Montag gegen die von der Regierung geplante Streichung gleich zweier wichtiger Unterstützungsleistungen für ihre Branche. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte in den letzten Tagen deutliche Kritik an der Abschaffung der Diesel-Verbilligung und der KfZ-Steuerbefreiung für Landmaschinen und Traktoren geäußert. Auf der Kundgebung am Brandenburger Tor versprach er den Bauern, die Kürzungen würden »in dieser Härte« nicht kommen.
Nach der Absegnung der Kürzungspläne durch die Ministerrunde wird sich nach dem Jahreswechsel der Bundestag mit dem Haushalt 2024 befassen. Beschlossen werden soll er Ende Januar. Bis dahin sind noch Änderungen möglich.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einer Klage der Unionsparteien gegen den Nachtragshaushalt 2023 vom 15. November machte Ausgabenkürzungen in Höhe von insgesamt fast 30 Milliarden Euro nötig: 17 Milliarden im Kernhaushalt und 12,7 Milliarden im Klima- und Transformationsfonds (KTF). Durch das Urteil schrumpft dieser Topf um insgesamt 60 Milliarden Euro.
Steuererhöhungen oder eine einmalige Vermögensabgabe für Superreiche plant die Bundesregierung nicht. Dafür behauptet sie, sie spare vor allem klimaschädliche Subventionen ein. Zudem reduziert sie Bundeszuschüsse, etwa bei den Renten. So erhält die Gesetzliche Rentenversicherung im nächsten Jahr 600 Millionen Euro weniger vom Bund. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) versicherte, letzteres werde nicht zu höheren Rentenbeiträgen führen. Auch das derzeitige Rentenniveau solle bis 2039 stabil bleiben. 1,5 Milliarden Euro, die während der Coronakrise als Zuschuss flossen, soll die Bundesagentur für Arbeit an den Bund zurückzahlen.
In Sachen Klimaschutz konnte sich die Ampel tatsächlich neben den Kürzungen bei Agrarsubventionen lediglich zu einer Erhöhung der Ticketsteuer für Passagierflüge durchringen. Diese soll zusammen mit einer Veränderung im Umgang mit dem Emissionshandel für den Luftverkehr Einsparungen von bis zu 650 Millionen Euro bringen. Die Plastikabgabe an die EU, die bislang vom Bund entrichtet wird, sollen künftig die Hersteller zahlen, was den Bundeshaushalt um 1,4 Milliarden Euro entlastet. Sozialverbände fürchten, dass die Unternehmen diese Mehrausgaben an die Verbraucher durchreichen werden.
Ein Anti-Klimaschutzprogramm stellt die Kürzung der Regionalisierungsmittel für die Länder für den Schienenverkehr um 380 Millionen Euro dar, die dringend nötig für eine klimagerechte Verkehrspolitik wären.
Insbesondere bei den Ausgaben für Entwicklungs- und Nothilfe sind drastische Kürzungen vorgesehen. Darauf wies der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) vergangene Woche hin. Der Venro-Vorstandsvorsitzende Michael Herbst sprach von einem »historisch beispiellosen Kahlschlag bei der internationalen Zusammenarbeit«. Laut Venro will die Regierung den Etat des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) allein um insgesamt 930 Millionen Euro kürzen.
Dazu kommen demnach 400 Millionen Euro im Budget des Auswärtigen Amts für humanitäre Hilfe. Insgesamt solle der Außenamtsetat um 800 Millionen Euro zusammengestrichen werden. »Angesichts der großen globalen Herausforderungen ist diese Politik der Bundesregierung nicht nur kurzsichtig, sondern auch verantwortungslos«, kritisierte Herbst.
In der Kürzung des BMZ-Etats sind derweil gut 500 Millionen Euro enthalten, die bereits vor der aktuellen Kürzungsrunde als »Sparbeitrag« für dieses Ressort vorgesehen waren. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte Kürzungen der Entwicklungshilfe damit begründet, dass Deutschland größter Geber internationaler Finanzhilfen sei. Venro wies allerdings darauf hin, dass ein erheblicher Teil der formal der Entwicklungshilfe zugerechneten Mittel in Deutschland bleibe, da auch Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten im Inland angerechnet werden.
Das Entwicklungsministerium nannte die Kürzungen im eigenen Etat »sehr schmerzhaft«, will aber an deren Umsetzung arbeiten. Das sagte ein Sprecher von Ressortschefin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch. »Angesichts der Weltlage müsste Deutschland eigentlich mehr Mittel in internationale Zusammenarbeit investieren und nicht weniger. Entwicklungszusammenarbeit ist kein nice-to-have, sondern in unserem deutschen Interesse«, betonte er zugleich.
Im Militäretat wird ein wenig getrickst: Waffensysteme, die die Bundeswehr nachkaufen muss, weil sie aus eigenen Beständen an die Ukraine abgegeben wurden, werden nicht aus dem Bundeshaushalt finanziert, sondern aus dem Sondervermögen zur Ertüchtigung der Bundeswehr. Dadurch schlagen im Normalhaushalt 520 Millionen Euro weniger zu Buche.
Beim Bürgergeld selbst wird zwar nicht gekürzt, aber es soll wieder mehr Sanktionen für Bezieher der Leistungen geben, zumindest für vermeintliche »Totalverweigerer«, die angebotene Jobs oder Weiterbildungen nicht annehmen wollen. Außerdem fallen Bonuszahlungen für Weiterbildungen weg. Gespart werden so nur 250 Millionen Euro. Sanktionieren will man auch Geflüchtete bei »Pflichtverletzungen«. Zudem soll ein »Job-Turbo« für Geflüchtete gezündet werden, der mehr von ihnen in den Arbeitsmarkt bringen soll. Auf diese Weise sollen nochmal 500 Millionen gespart werden.
Kritik hatte es insbesondere an den Kürzungen der geplanten Ausgaben aus dem Klimafonds KTF gegeben. Pauschal heißt es von der Bundesregierung, es würden vor allem Subventionen abgeschafft, wo sich Produkte am Markt etabliert hatten. Der größte Kürzungsposten sind 5,5 Milliarden Euro Zuschuss zur Absenkung der Netzentgelte – was ebenfalls zulasten der Verbraucher geht. Der bereits zum 18. Dezember gestrichene Umweltbonus für den Kauf eines Elektroautos dürfte ebenfalls höhere Einsparungen bringen. Auf der Einnahmenseite soll der KTF durch die höheren Einnahmen über den von 40 auf 45 Euro pro Tonne erhöhten CO2-Preis aufgefüllt werden. mit dpa
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