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Christine Schorn zum 80.: »… stand einfach da«
Die Schauspielerin Christine Schorn feiert an diesem Donnerstag ihren 80. Geburtstag
Wenn eine ihrer Gestalten einen Schmollmund macht oder sich in ein sehr spezielles Grinsen wirft, dann weiß man nie, ob die Frau jetzt Waffe zeigt oder sich gerade entwaffnet. Mit den Jahren hat diese Künstlerin im Spiel zu wunderbarer Skurrilität gefunden, zu einer schutzpanzerhaften Weltfremdheit mitunter – so tragisch umflort wie kokett umglitzert. Die schöne Schnute als Lieblingsmaske. Lebensecht. In den Spiel-Augen von Christine Schorn glimmt etwas, das Filmregisseur Lothar Warneke in die Worte fasste: »Sie stand einfach da, und das tiefste Wesen eines Menschen wurde sichtbar, die unendlichen Möglichkeiten, die sich entfalten wollen, und die Tragödie ihrer Verhinderung.«
Warneke drehte 1982 den berührenden Defa-Film »Die Beunruhigung«, das Drama einer krebskranken Frau, und was er da über seine Hauptdarstellerin sagte, ging zurück auf eine ihrer großen frühen Rollen in den 70ern – in einer der zauberhaftesten Inszenierungen, die es je am Deutschen Theater gab: Federico García Lorcas »Doña Rosita bleibt ledig oder Die Sprache der Blumen«, zur Szenerie hervorgeträumt von Regisseur Siegfried Höchst und Bühnenbildner Horst Sagert. Die Schorn damals als Zweiheitswesen: Hexe und Heilige.
Die 1944 in Prag geborene Schauspielerin, die zunächst Wäscherin und Verkäuferin war – sie experimentiert in ihren Rollen mit Bockigkeit und ungelenkem Charme. Sie betreibt die Kunst des Abwartens und Abtastens mit gnadenloser Geduld. In Viktor Rosows »Unterwegs« (Regie: Hans Diether Meves und Friedo Solter) hatte die Fast-noch-Studentin Schorn 1964, mit 20 Jahren, die Bühne des Deutschen Theaters Berlin betreten. Dieter Mann als sowjetischer Roadie Wowa, sie als widerborstige Sima. Im weiten Rock so zupackend, und überhaupt nicht zimperlich. He, wo ist der Weg ins Leben? Immer nur federnd geradeaus! Das war einmal.
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Die beiden hatten Traumpaar-Qualität. So, wie die Schorn viele Zeiten später mit Kurt Böwe ein prägendes DT-Duo bildete, in Tankred Dorsts »Herr Paul« etwa oder beim Briefwechsel Fontanes mit seiner Frau. Sie: von bescheidener Natur bestimmt. Er: die pure Bestimmernatur. Böwe entfesselte Schorn; Schorn zügelte Böwe. Alles sorgsam minimal und doch wie eine Ur-Kraft.
Jahrzehnte DT! Also: legendäres Theater. Auch in vielen Kino- und Fernsehfilmen hat sie mitgewirkt (»Der Dritte«, »Erziehung vor Verdun«, »Die Frau und der Fremde«, »Novemberkind«, »Das Leben ist nichts für Feiglinge«). Ihre Figuren werden gepiesackt – strahlen aber zähe Würde aus. Noch im Niederlagenschluchzen ein schniefender Trotz. Oder ein beinahe manieriertes Nölen. Oder ein Selbstbewusstsein, das zunächst wie geborgt scheinen mag, aber Leere wird den Frauen der Schorn nichts antun. Nach außen hin.
Sie mag auf der Bühne oder vor der Kamera sehr mürrisch, sehr migränig nach Liebe und Güte rufen – sie ruft das Leben doch umgehend und unsentimental auch zur Ordnung. Nein, sie ruft nicht, eher flüstert sie. Großer Bausch und großer Bogen haben keine Chance. Gäbe es ein Buch über sie, der Titel könnte lauten: »Bitte nicht so laut«. Sie weiß, was sie kann, aber sie tönt nicht davon. An diesem Donnerstag wird die wunderbare Christine Schorn 80 Jahre alt.
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