Transparenzgesetz bremst Krankenhausreform

Von Einigkeit zwischen Bund und Ländern kann kaum noch die Rede sein

Die Orthopädie könnte hier bald ganz aus dem Blickfeld geraten. Lässt sich das per Krankenhaustransparenzgesetz verhindern?
Die Orthopädie könnte hier bald ganz aus dem Blickfeld geraten. Lässt sich das per Krankenhaustransparenzgesetz verhindern?

An diesem Mittwoch verhandelt der Vermittlungsausschuss des Bundesrats über das Krankenhaustransparenzgesetz. Ein solcher Termin kann angesetzt werden, wenn die Länderkammer einem Gesetzesbeschluss des Bundestages nicht zustimmen will. Bei dem Gesetz zur »Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz« ist das der Fall. Der Streit darüber dauert schon Monate. Die neue Regelung gilt als einer der wichtigen Bausteine für die anstehende Krankenhausreform.

Zumindest in Bezug auf die Hauptstoßrichtung des Gesetzes hat fast niemand etwas gegen das Vorhaben: In Zukunft soll es eine »laienverständliche« Übersicht zur Qualität von Klinikbehandlungen geben, sodass die Patienten ihren Behandlungsort nach diesem Kriterium selbst wählen können. Das dürfte aber vor allem für geplante Eingriffe oder Therapien gelten. Enthalten soll die Übersicht auch Angaben zu Facharztquoten und Komplikationsraten.

Bislang können Versicherte in diversen Klinikrankings online suchen, unter anderem große Zeitschriften stellen solche Angebote hin und wieder auch in einer Printversion zur Verfügung. In beiden Fällen sind die Informationen umrahmt und vermutlich auch finanziert durch jede Menge Werbung mit medizinischen Inhalten für Laien.

Wer seriöser nachforschen will, kann sich schon jetzt in die Qualitätsberichte vertiefen, zu deren Veröffentlichung die Krankenhäuser seit 2013 gesetzlich verpflichtet sind. Das ist aber ein zeitintensives Unterfangen. Als Beispiel: Der Bericht des Vivantes-Klinikums Am Urban in Berlin umfasst 905 Seiten. Vermutlich ist in der Praxis bisher dann doch entscheidend, was der behandelnde Facharzt oder die Schwiegermutter des Onkels empfiehlt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft stellt ebenfalls eine Kliniksuche zur Verfügung – mit dem Vorteil, dass es sich hier um ein offizielles Verzeichnis handelt.

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Hier lässt sich ahnen, dass mit dem Gesetz noch eine weitere Struktur geschaffen wird, die eigentlich schon vorhanden ist. Die Stimmen, die sich gegen das Transparenzgesetz erheben, zielen aber eher auf Fragen der Umsetzung. Eine wichtige Kritik am Gesetz betrifft den Plan, dass es einen Schritt der Krankenhausreform vorwegnimmt. Hier sollen nämlich, wenn auch vorläufig, den Häusern Leistungsgruppen zugeordnet werden. Dafür sind aber die Bundesländer zuständig, das Thema ist ein wichtiger Teil der Krankenhausplanung.

Wenn das Gesetz also jetzt Fakten schafft, könnte das bei Patienten Verunsicherung auslösen: Ein eigentlich in einer Klinik bisher vertretenes Fach oder Angebot könnte im neuen Transparenzatlas nicht mehr zu finden sein. Kritiker in den Bundesländern befürchten, dass das Gesetz zudem zu einer Fehlsteuerung von Patienten an die Maximalversorger (vor allem Universitätskliniken) führen würde. Das dürfte diesen allerdings nur recht sein, wie zustimmende Erklärungen aus den Chefetagen besagen.

Der Bundesrat will in dieser Frage erreichen, dass die künftige Liste den tatsächlichen Zuweisungen der Leistungsgruppen durch die dafür zuständigen Länder entspricht. Entsprechend sei die Veröffentlichung der Liste im Mai 2024 nicht möglich, sondern deutlich zu verschieben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den Start für die Zuweisungen durch die Länder erst ab 2025 vorgesehen.

Neben Veränderungen bei Datenliefer- und Meldepflichten für die Kliniken wollen die Bundesländer nun noch finanzielle Überbrückungshilfen für diese im Gesetz unterbringen. Was die Daten betrifft: Susanne Johna, Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, schlug schon zum Jahresende vor, dass verfügbare Daten automatisiert aus den Klinikinformationssystemen heraus aggregiert werden sollten. Dass müsse das Gesetz regeln. Die Daten seien prinzipiell vorhanden, etwa zur personellen Ausstattung in den Berufsgruppen.

Die eigentliche Krux für die Bundesländer wie direkt für die Krankenhäuser ist ein anderer Punkt: Mit dem Gesetz verknüpft sind auch milliardenschwere Hilfen für die Kliniken bei Pflegepersonal- und Energiekosten. Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, appellierte noch am Dienstag an die Länder, dem Gesetz nicht zuzustimmen, wenn der Minister auch einen Inflationsausgleich für die Kliniken weiterhin verweigere.

Der Vermittlungsausschuss hat die Option, den Gesetzentwurf völlig auszubremsen. Allgemein stellt sich das Gremium jedoch das Ziel, mit jeglichem Gesetzesprojekt in der aktuellen Legislaturperiode abzuschließen. Der Form nach ist das Transparenzgesetz nicht zustimmungspflichtig. Mit Abschluss des Vermittlungsverfahrens kann der Bundesrat Einspruch einlegen, den wiederum der Bundestag zurückweisen kann. Andererseits hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) immer gern betont, dass die gesamte Krankenhausreform in enger Abstimmung mit den Bundesländern gestaltet werde. Auch dieser Glaubenssatz könnte jetzt endgültig Makulatur werden.

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