Grünheide sagt Nein zum Tesla-Ausbau

Nach dem negativen Votum in Grünheide ist die Fabrikerweiterung zunächst vom Tisch

Mit Lebkuchenherzen hatte Tesla versucht, die Nachbarschaft für sich zu gewinnen. Doch diese will lieber die 100 Hektar Wald erhalten.
Mit Lebkuchenherzen hatte Tesla versucht, die Nachbarschaft für sich zu gewinnen. Doch diese will lieber die 100 Hektar Wald erhalten.

»Die Befragung hat eindeutig gezeigt, dass die Einwohner den Bebauungsplan so nicht wollen«, sagt Pamela Eichmann (SPD), Vorsitzende der Gemeindevertretung Grünheide, zu »nd«. Am Dienstagabend wurden im Bürgerhaus des Ortsteils Kagel die Stimmen der Einwohner*innenbefragung zur geplanten Tesla-Erweiterung ausgezählt.

Um 20 Uhr steht das Ergebnis fest: 3499 Grünheider*innen, das sind 65 Prozent aller gültigen Stimmen, lehnen den entsprechenden Bebauungsplan 60 ab, nur 1882 Anwohner*innen stimmten dafür, 430 Stimmen waren ungültig. 71 Prozent der Abstimmungsberechtigten nahmen an der Befragung teil. »Ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. Die Bürger haben ein klares Nein gegeben, und damit müssen wir jetzt umgehen«, sagt Eichmann.

Der Bebauungsplan 60 hätte dem US-amerikanischen Elektroauto-Hersteller Tesla die Rodung von 100 weiteren Hektar Wald ermöglicht, um dort einen Güterbahnhof, eine Kita und Lagerhallen zu errichten. Aktuell umfasst das Gelände der »Gigafactory« etwa 300 Hektar – im damals genehmigten Bebauungsplan 13 war schon der Bau des Güterbahnhofs vorgesehen, der ist aber bislang nicht umgesetzt.

Die Anwohner*innen Grünheides klagen dementsprechend über den sehr hohen Lastwagen-Durchfahrtsverkehr in ihren Orten. Christine Bender hat deshalb für die Tesla-Erweiterung gestimmt, sagt sie während der Auszählung zu »nd«. Sie wohnt seit 50 Jahren in Grünheide. »Hätte man mich vor der Ansiedlung des Tesla-Werkes gefragt, hätte ich wahrscheinlich Nein gesagt. Aber jetzt, wo sie da sind, sollen sie es auch richtig machen.« Dennoch ist es auch ihr ein Rätsel, warum der Güterbahnhof nicht auf der zuvor vorgesehenen Fläche errichtet worden ist. Doch Tesla-Mitarbeiter*innen hätten ihr versichert, dass es keine Alternative zu der Erweiterung des Geländes gebe. »Zwei Herzen schlagen in meiner Brust.«

Direkt neben Anwohnerin Bender sitzt Jeannine Hochfeld. Sie wohnt seit 25 Jahren im Ortsteil Kagel, und auch ihr missfällt der Lieferverkehr der Tesla-Fabrik sehr. Sie aber hat gegen die Erweiterung gestimmt. »Ich war von Anfang an dagegen«, sagt sie. Nun sei Tesla zwar trotzdem da, das Unternehmen solle sich aber auf die Fläche beschränken, die es bereits hat. Die Diskussionen um Tesla beschäftigten seit der Ansiedlung die gesamte Gemeinde, sagen die beiden Anwohnerinnen. »Das geht durch alle Familien, durch alle Freundeskreise«, so Christine Bender.

Wie es jetzt weitergeht auf dem Tesla-Gelände, ist unklar. Das Votum der Grünheider*innen ist nicht bindend; allerdings hatten schon im Vorfeld einige Gemeindevertreter*innen, in deren Hand die Annahme oder Ablehnung des Bebauungsplanes liegt, versichert, dem Willen der Grünheider*innen entsprechend handeln zu wollen.

Auch Bürgermeister Arne Christiani (parteilos), der sich zuvor für eine Umsetzung der Tesla-Erweiterung ausgesprochen hatte, will sich nun nach den Anwohner*innen richten. »In dieser Form ist der Bebauungsplan nicht von den Bürgern gewollt«, sagt er kurz nach Verkündung des Abstimmungsergebnisses zu den zahlreich anwesenden Pressevertreter*innen. Deshalb werde der Plan so nicht mehr der Gemeindevertretung zur Entscheidung vorgelegt, erklärt der Bürgermeister. »Es ist noch nicht zu sagen, wie es weitergeht.«

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Gemeindevertretungs-Vorsitzende Pamela Eichmann bestätigt dem »nd«, dass es nun zu keiner Entscheidung der Gemeindevertretung über den Bebauungsplan kommen wird, weil der Plan nicht mehr durch die Gemeinde eingebracht werde. Sie kann aber auch nicht ausschließen, dass womöglich ein neuer Bebauungsplan für die Fläche erstellt wird.

Dies vermutet auch Manu Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide, die sich für den Erhalt des Waldes und gegen die Tesla-Erweiterung einsetzt. »Der Kampf ist noch nicht zu Ende, sondern geht jetzt weiter«, sagt sie zu »nd«. Die Bürgerinitiative plane mit dem Bündnis »Tesla den Hahn abdrehen« eine Demonstration am 10. März vom Bahnhof Fangschleuse zum Rathaus in Grünheide, »um deutlich zu machen, dass wir die Fabrikerweiterung nicht wollen«.

Lou Winters vom Bündnis freut sich über das Abstimmungsergebnis. »Wir sind total zufrieden, wir haben viel Arbeit reingesteckt«, sagt sie zu »nd«. Bündnis und Bürgerinitiative hatten vor und während des Abstimmungszeitraums zum Beispiel haustürgespräche und Waldspaziergänge organisiert, um die Anwohner*innen über die Pläne Teslas zu informieren und davon zu überzeugen, diese abzulehnen. »Wenn man einmal die Anwohner*innen nach ihrer Meinung fragt, dann zeigt sich: Sie wollen keine Gigafactory, die ihnen das Wasser abgräbt, sondern sie wollen eine lebenswerte Umgebung und Wald- und Wasserschutz.« Winters erhofft sich von der Entscheidung in Grünheide eine internationale Strahlkraft. »Das fängt hier im Kleinen an, aber der Kampf wird immer größer und hat eine globale Perspektive«, sagt sie.

Die Ansiedlung Teslas geht vor allem auf den Willen des Landes Brandenburg zurück. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hofft nach der Ablehnung der Erweiterung durch die Grünheider*innen darauf, dass in der kommenden Zeit Lösungen gefunden werden. »Ich sehe das Abstimmungsergebnis auch als eine Motivation für die Gemeinde und Tesla, die noch nicht beseitigten Bedenken in den nächsten Wochen und Monaten konzeptionell zu beantworten«, sagt er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert laut dpa außerdem eine Veränderung in der Kommunikation des Elektroauto-Herstellers: »Wichtig ist, dass Tesla offensiver und transparent mit der Öffentlichkeit kommuniziert.«

Das Unternehmen selbst teilt mit, die Sorgen der Grünheider*innen wahrzunehmen. »Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die logistische Optimierung des Werks ein großer Gewinn für die Gemeinde ist. Wir werden auf Basis des Feedbacks der letzten Wochen gemeinsam mit allen Beteiligten weitere Schritte abstimmen.«

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