Linkes Sondervermögen: Subventionen für Klima und Sozialstandards

Linke will mit alternativem Sondervermögen die Privatwirtschaft zur sozialen Transformation bewegen

Anders als Siemens Energy in Moabit brauchen vor allem klein- und mittelständische Unternehmen Hilfe und Anreize zur Transformation.
Anders als Siemens Energy in Moabit brauchen vor allem klein- und mittelständische Unternehmen Hilfe und Anreize zur Transformation.

Dass das von der Berliner schwarz-roten Koalition vorgesehene Klima-Sondervermögen scheitern könnte, hatte sich seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds vom letzten November mehr als angedeutet. Ende Februar kam dann auch ein vom Berliner Senat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu dem Schluss, dass das für Berlin geplante Sondervermögen nicht realisierbar sei. Seitdem wartet man gespannt auf eine alternative Idee aus der Regierung. Die Fraktion der Linken im Abgeordnetenhaus hat indessen einen Vorschlag zur Debatte eingebracht.

Das Positionspapier von Damiano Valgolio, Sprecher für Arbeit und Wirtschaft der Linken, betont, das Rechtsgutachten des Senats lasse durchaus Spielraum, um die Schuldenbremse auszusetzen und »zusätzliche Notlagenkredite aufzunehmen«. Die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein würden bereits diesen Weg gehen. Das vom Bundesverfassungsgericht vorgesehene »Prinzip der Jährigkeit«, sei hier recht einfach anzuwenden, da Fördersummen an private Unternehmen einmalig ausgezahlt und dort als »langfristige Transformationsmaßnahmen« umgesetzt werden könnten.

»Ziel muss die sozial-ökologische Transformation der Betriebe sein«, heißt es in dem Papier, dies gelinge nur mit »massiven öffentlichen Investitionen«. Damit das Geld auch tatsächlich zu derlei Zwecken investiert wird, stellt Die Linke eine Reihe von Vergabekriterien auf. Neben dem Fokus auf eine klimaschonendere Produktion, sei auch der Beitrag zur »wirtschaftlichen Resilienz der Stadt« ein Kriterium.

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Zugleich geht es der Linken um den sozialen Aspekt: Um Gelder für die Veränderungen in den Betrieben zu erhalten, soll das vorhandene Personal qualifiziert und wenigstens auf Tarifniveau beschäftigt werden. Die Geschäftsstrategie der geförderten Unternehmen soll den Standort langfristig sichern. Darüber hinaus will Die Linke, dass »bei Unternehmen, die eine besondere strukturpolitische Bedeutung« haben, das Land Berlin Minderheitenanteile erwirbt, um im Sinne der Öffentlichkeit Einfluss geltend machen zu können. An der Vergabe der Mittel sollen die Sozialpartner als Expert*innen der Industrie beteiligt werden.

»Wir brauchen Investitionen in Konzepte, die innovativ, aber noch nicht tragfähig sind« und zugleich »so wenig Auflagen wie möglich«, wünscht sich Julian Algner von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, sonst würden Unternehmen die Beihilfen nicht abrufen. Das habe die Vergangenheit gezeigt, erklärte Algner bei einem entsprechenden Fachgespräch, zu dem Die Linke vergangenen Donnerstag ins Abgeordnetenhaus geladen hatte.

Zustimmung erhielt Algner von Andreas Müller, dem Werksleiter vom Pierburg-Standort Wedding: »Wenn man fördern will, muss die Bürokratie massiv runter, sonst lassen wir es.« Der zum Konzern Rheinmetall gehörende Zulieferbetrieb stellt Komponenten für Motoren von mittelschweren bis schweren Lkws und Trucks her. Der Standort öffnet seine Produktpalette und seinen Fertigungsstrang hin zur Wasserstofftechnologie. Allerdings gelingt das aus eigener Kraft, finanziert durch den profitablen Mutterkonzern. Müller meint, in der Realität bräuchte man häufig sehr kurzfristig und für kurze Dauer eine Förderung, wenn es zum Beispiel darum ginge, der Belegschaft eine neue Softwaresprache zu vermitteln.

»In vielen Betrieben stehen wir vor der Herausforderung, dass dort das Thema Transformation überhaupt erst mal angegangen wird«, beschreibt Robert Drewnicki die Betriebslandschaft in Berlin. Drewnicki berät als Vertreter der IG Metall für ein Konsortium Unternehmen der Fahrzeug- und Zulieferindustrie.

Eine große Herausforderung bei der Transformation stellen kleine und mittlere Unternehmen dar. Ihnen fehlen oft die Finanzen und das Personal, um solche Prozesse zu initiieren, sagt Barbara Walter von der Gesellschaft Bildung und Teilhabe, die eben jene Unternehmen in Qualifizierungsfragen berät. »Wer qualifiziertes Personal in Zeiten des Fachkräftemangels will, muss auf die eigene Belegschaft gehen«, sagt Walter.

Nele Techen vom DGB Berlin-Brandenburg hebt noch mal die Perspektive der Beschäftigten hervor, bezieht sich auf den Strukturwandel in der Lausitz: »Die Transformation muss Sicherheit geben.« Dafür seien die Kriterien von betrieblicher Mitbestimmung und Tarifbindung wichtig.

Gegen Ende der Diskussionsrunde meldet sich als Gast Gottfried Dolinski zu Wort, langjähriger Betriebsrat bei Osram, heute im Ruhestand. Er stellt sich gegen eine hundertprozentige Förderung: »Der Steuerzahler kann nicht die späteren Profite finanzieren.« Man sei damals schon mit dem Umbau von Unternehmen, zum Beispiel hin zur LED, konfrontiert gewesen, da hätte es noch nicht Transformation geheißen. Zum Einsatz gekommen seien vor allem betriebliche Mittel, die Betriebsräte über die Mitbestimmung und Sozialpläne in der Hand hielten. Die Gewerkschaft habe entsprechende Bildungstarifverträge zur Qualifizierung abgeschlossen. Das seien gesetzlich verankerte Instrumente, die nur angewendet werden müssten. Dabei könne Politik unterstützen, aber das kann nicht durch Positionspapiere ersetzt werden, sagt Dolinski.

Der Senat hatte ein über die gesetzliche Schuldenbremse hinausgehendes Sondervermögen in Höhe von zehn Milliarden Euro beschlossen, um zweierlei Notlagen, die Energiepreiskrise in der Folge des Ukraine-Krieges und den Klimawandel bewältigen zu können. Das Rechtsgutachten moniert vor allem die Regelung, dass die Gelder so lange bereitstünden, bis sie aufgebraucht seien. Eine akute Notlage hingegen sei immer nur für einen befristeten Zeitraum und danach wieder neu festzustellen.

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