Egisto Ott: Russlands Österreicher

Der Verfassungsschützer Egisto Ott wurde wegen fortgesetzter Spionage für den Kreml zum zweiten Mal verhaftet

Der Geheimdienstler soll Daten von Handys höchstrangiger Beamter nach Moskau verhökert haben, die bei einem Bootsausflug mit der Kanzlergattin Katharina Nehammer ins Wasser fielen.
Der Geheimdienstler soll Daten von Handys höchstrangiger Beamter nach Moskau verhökert haben, die bei einem Bootsausflug mit der Kanzlergattin Katharina Nehammer ins Wasser fielen.

Seit 1982 ist Egisto Ott in Österreich Polizist, seit den Nullerjahren auf dem internationalen Parkett. In Italien ging es in einer »Soko Briefbomben« zunächst gegen Anarchisten. Nachdem Ott vom neugegründeten und schon immer anrüchigen Verfassungsschutzamt (BVT) übernommen wurde, war er für das Innenministerium Verbindungsmann in Rom. Dort lernte er die Informationsbeschaffung, koordinierte Spitzeleinsätze und soll Russland-Kontakte geknüpft haben.

Mit diesem Portfolio wechselte Ott, nach eigener Aussage Mitglied der SPÖ, als Abteilungsleiter zum BVT. 2017 kam heraus, dass er Russlands Inlandsgeheimdienst FSB systematisch mit Informationen versorgt hat und auf dessen Geheiß Dutzende oder womöglich sogar Hunderte Personen in Polizeidatenbanken abfragen ließ. Die Fäden soll der Österreicher und damalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek gezogen und sich dabei für Politiker und Journalisten interessiert haben, darunter etwa der Bellingcat-Chefrechercheur. Im Raum steht, dass über Ott auch das Papier mit der Formel des später von russischen Spionen eingesetzten Giftstoffs Nowitschok nach Moskau gelangte.

Trotz dieser »BVT-Russland-Affäre« konnte Ott im Innenministerium weiterarbeiten, jedoch versetzt in die Sicherheitsakademie. Am Ostermontag wurde der heute 61-jährige Kärntner abermals festgenommen. Er soll illegal im BVT erstellte Backups von Handys höchstrangiger Mitarbeiter des Innenministeriums sowie einen gesicherten Laptop an den FSB verkauft haben – wieder im Auftrag Marsaleks, der Otts Honorar über Berlin nach Wien geschickt haben soll. Wer glaubte, zu Österreichs Geheimdienstskandalen alles gesehen zu haben, wird mit der Causa Ott eines Besseren belehrt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -