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Ton Steine Scherben: Lass dich in die Wolken fallen
Der Podcast »Musik ist eine Waffe« erzählt von der legendären linken Band
»Wenn Rio auf der Bühne aus dem Nebel kam und gesungen hat, dass der Traum Wirklichkeit wird, dann hat das niemand im Publikum bezweifelt«, beschreibt sein Ex-Freund Misha Schoeneberg die Wirkung der legendären linksradikalen Band Ton Steine Scherben. Und dann warfen ihnen Linke vor, dass sie nach ihren Soli-Auftritten etwas zu essen haben wollten oder dass Reiser »sexistisch« mit dem Arsch wackele. Wenn Lanrue auf dem Ku’damm gesehen wurde, musste er vors Plenum. Eine Flasche Whisky für 10 Mark war ein Skandal. In ihrer norddeutschen Landkommune, in die sie vor den Westberliner Zumutungen geflohen waren, gab es die billigste Backmagarine aufs Brot. Aber man konnte schön über die Felder schauen und Stadt, Land, Fluss spielen.
In dem sehr guten Podcast »Musik ist eine Waffe« erzählt Philip Meinhold ihre Geschichte. Auch Leute, die mit der Band aufgewachsen sind (in verschiedenen Generationen) bekommen viele erhellende Momente beschert, darunter noch unveröffentlichte Ausschnitte aus Interviews mit Reiser, die Hannes Eyber 1993 führte, um dessen Autobiografie zu schreiben.
Ton Steine Scherben wollten die Revolution, auf eine Weise, die sich alle merken konnten. Denn die Parolen und die Musik bildeten eine Einheit, erzählt Dota Kehr: »Macht kaputt, was euch kaputt macht« (1970), »Land in Sicht, singt der Wind in mein Herz« (1975) oder »Ich lass mich in die Wolken fallen und tauche in die Himmel ein« (1981). Blixa Bargeld spricht lieber von »Resonanz« als von Einfluss. Die Band ging trotz ausverkaufter Hallen pleite. Zur Plattenindustrie wollte sie trotzdem nicht, da musste Rio alleine hin, zum Schuldenabbau. »Wir bleiben unabhängig – das ist ein Reichtum, den können sie uns nicht nehmen«, fasst ihre alte Freundin Claudia Roth diese Einstellung zusammen.
»Musik ist eine Waffe«, acht Folgen in der ARD-Audiothek.
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