»Collapsing Beautifully«: Neue Pioniere

Mit der Performance »Collapsing Beautifully« am Ballhaus Prinzenallee vertanzt Martha Kröger Erinnerungen an ein Land, das es nicht mehr gibt

Ganz schön lange her: der ehemalige Grenzübergang an der Bornholmer Straße in Berlin.
Ganz schön lange her: der ehemalige Grenzübergang an der Bornholmer Straße in Berlin.

Eigentlich alles – so viel ist klar – ist über die DDR bereits gesagt worden. Nur vielleicht noch nicht von allen, möchte man einwenden.

Und genau darin liegt ein Problem. Denn wenn es um die deutsch-deutsche Geschichte geht, wollen die Nachkriegs- und die Boomer-Generation östlicher Herkunft mir ihren An- und Einsichten am liebsten unter sich bleiben. Im Westen wartet kein ernsthaftes Interesse, und die Nachgeborenen betrachtet man nicht als gleichberechtigte Gesprächspartner in der Angelegenheit. Dabei haben diejenigen, die in den bereits untergehenden Staat hineingeboren wurden oder in der Wendezeit zur Welt gekommen sind, ihren ganz eigenen Blick auf dieses Land, das es nicht mehr gibt.

Die Tänzerin und Schauspielerin Martha Kröger, Jahrgang 1988, zum Beispiel hat mit der einstündigen Performance »Collapsing Beautifully« im Ballhaus Prinzenallee in Berlin-Wedding eine Auseinandersetzung mit ihrer eigenen postkommunistischen ostdeutschen Biografie und dem Leben ihres Vaters gesucht. Und ist erstere so weit entfernt vom bekannten DDR-Bild? Nein, dessen Teile sind die gleichen – von den Aufbaujahren zum Mauerbau, von der Stagnation zur Grenzöffnung. Aber die tänzerische Annäherung an Geschichte, eindrucksvoll musikalisch begleitet von der Soundkünstlerin Polina Borissova, offenbart weit mehr.

In Bewegung und Worten wird die Klage deutlich, selbst nur Projektion für ein DDR-Bild anderer zu sein. Dabei findet Kröger tänzerische Übersetzungen für die Erfahrung von Kollektiv und Individuum, für Demut vor der Geschichte und für die Befreiung von deren Ballast, Widerstand gegen Vereinnahmung und Exotisierung.

Versatzstückhaft bleibt dieser Theaterabend gezwungenermaßen, ist sein Thema doch übergroß. In den kleinen Szenen wird aber die selbstbewusste und keineswegs geschichtsbefreite Perspektive einer Generation deutlich, die weit mehr als die oft gehörten, schnell verklungenen Stimmen der Alten gefordert ist, selbst zu begreifen, was das gewesen sein könnte: DDR, was das heute noch heißen kann oder soll: Osten.

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