AfD in Thüringen: Zeit für ein Gotteszeichen

Christoph Ruf über das Abschneider der Rechten bei der Kommunalwahl in Thüringen

Als ich die Thüringer Kommunalwahlergebnisse sah, war ich kurz erleichtert: Puh, kein weiterer AfD-Landrat im ersten Wahlgang, kein weiterer Durchmarsch in der Fläche. Das Gefühl hielt nur ein paar Sekunden an. Denn noch immer weisen die Umfragen in einzelnen Ländern 30 Prozent für die AfD aus, deutschlandweit dürfte sie bei der Europawahl eher bei 20 als bei 15 Prozent landen – trotz ihres desaströsen Zustands.

Mich wundert das übrigens nicht. Schließlich haben viele Menschen schon in den vergangene Jahren nicht aus Begeisterung über deren Personal AfD gewählt, sondern aus Verärgerung über die Konkurrenz, die mittlerweile selbst nicht mehr zu wissen scheint, womit sie in eigener Sache werben soll. Wer sich dieser Tage Wahlkampfreden von Scholz oder Baerbock antut, bekommt unweigerlich den Eindruck, dass die beiden fast schon erleichtert sind, dass es die AfD gibt. Die Warnung vor dem »Rechtsruck« ist gefühlt das einzige Argument, mit dem sie um Stimmen werben.

Und das aus gutem Grund, denn das Europa-Pathos von SPD und Grünen wird durch das eigene Handeln auf EU-Ebene konterkariert, wo Deutschland kein Faktor mehr ist. Kein Wunder, schließlich enthält sich die Ampel stets dann bei Abstimmungen, wenn es innerhalb der Bundesregierung keinen Konsens gibt. Und den gibt es bekanntlich nie. Kurzum: Dass die AfD nur drei, vier Prozentpunkte verloren hat, anstatt bei drei oder vier Prozent in den Umfragen zu liegen, ist kein Grund zur Freude, sondern ein Indiz, wie viel Terrain die anderen Parteien dauerhaft verloren haben.

Christoph Ruf

Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.

Wenn ich dennoch die Hoffnung habe, dass sich vor dem 9. Juni noch ein paar Menschen die Frage stellen, ob sie ihr Kreuz tatsächlich bei der AfD machen wollen, liegt das nicht an deren Konkurrenz, sondern an den Selbstzerstörungskräften, die auch schon Republikanern, DVU und NPD den Garaus gemacht haben. Längst hat man den Überblick verloren, welcher AfD-Funktionär in Sachen China oder Russland aus Überzeugung Unsinn redet– und wer, weil er dafür bezahlt wird.

Der Fall des Maximilian Krah spricht Bände über die Professionalität im Parteiapparat: Nicht nur, dass dieser Typ es geschafft hat, zum Spitzenkandidaten zu werden. Es gab in Berlin (oder Erfurt) offensichtlich auch niemanden, der seinen Wahlkampf koordiniert hätte – wozu beispielsweise die Abstimmung von öffentlichen Aussagen gehört. Selbst für Chrupalla und Weidel war er nicht mehr zu halten, als er in einem Interview in »La Repubblica« der SS nicht in Gänze attestieren wollte, dass sie eine Verbrecher-Organisation war. Der SS!

Krah ist übrigens gläubiger Christ – für mich nicht der erste Hinweis darauf, dass es sich lohnen würde zu erforschen, welche Schnittstellen es zwischen den fundamentalistischen Rändern der christlichen Kirchen und der AfD gibt. Als Mann des Glaubens hat sich Krah dann auch angemessen uneinsichtig nach dem »Repubblica«-Interview gezeigt und seinen Einlassungen vorangestellt, man könne »nie tiefer fallen als in Gottes Hand«. Wenn der tatsächlich existiert – Restzweifel sind erlaubt – wäre nun der richtige Zeitpunkt für einen Gottesbeweis. Wenn es dich gibt, oh Herr, und wenn jetzt wirklich Maxe Krah in deiner Hand liegt, dann balle die doch bitte zur Faust. Aber schön kräftig.

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