• Berlin
  • Hungerstreik im Invalidenpark

Nach Klinik: Klimaaktivist will weiter hungern

Auch nach seinem Zusammenbruch und Krankenhausaufenthalt möchte Wolfgang Metzeler-Kick den Hungerstreik fortsetzen

  • Anton Benz
  • Lesedauer: 3 Min.
Aktivist*innen der Letzten Generation solidarisieren sich am Dienstagmorgen mit den Hungerstreikenden, die von Bundeskanzler Olaf Scholz eine Regierungserklärung fordern.
Aktivist*innen der Letzten Generation solidarisieren sich am Dienstagmorgen mit den Hungerstreikenden, die von Bundeskanzler Olaf Scholz eine Regierungserklärung fordern.

Gegen 9 Uhr versammeln sich sieben Personen vor der SPD-Parteizentrale in Berlin-Kreuzberg. Zwei Warnwesten geben den Hinweis, für wen sie am Dienstagmorgen demonstrieren. Die Aktivist*innen der Letzten Generation beginnen den Eingang des Willy-Brandt-Hauses mit Pinsel und Farbe anzustreichen, nach kurzer Zeit steht dort: »Sei ehrlich«. Anschließend stellen sich die Aktivist*innen in einer Reihe neben den zwei Eingangssäulen auf und halten Schilder in die Luft. Auf einem ist zu lesen: »Herr Bundeskanzler, Wolli darf nicht sterben«.

Wolli, das ist Wolfgang Metzeler-Kick. Seit mittlerweile 90 Tagen isst er nicht mehr, vor 17 Tagen hat er das letzte Mal Fruchtsaft getrunken. Nur Vitamine und Elektrolyte nimmt er noch zu sich. Sein Ziel: eine Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), in der er die katastrophalen Ausmaße der Klimakrise anerkennt.

Am Montagabend war Metzeler-Kick nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dort wurde ihm eine Elektrolytlösung verabreicht, noch in derselben Nacht sei er ins Camp der Hungerstreikenden am Invalidenpark zurückgekehrt. So heißt es in einem Video, das die Gruppe »Hungern bis ihr ehrlich seid!« am Dienstagmorgen veröffentlichte. »Seitdem geht es mir auch besser«, sagt Wolli darin. In einer Pressemitteilung ließ er zudem verkünden: »Ich habe vorher schon entschieden: Wenn ich ins Krankenhaus komme, werde ich danach weiter hungern. Ich werde weiter hungern, bis Scholz endlich ausspricht, was Fakt ist: Es gibt kein CO2-Restbudget.«

Nur wenige Stunden vor seinem Zusammenbruch kündigte Metzeler-Kick an, gemeinsam mit dem ebenfalls hungernden Adrian Lack in den »trockenen« Hungerstreik zu gehen – also auch keine Flüssigkeit mehr zu sich zu nehmen. Die Überlebenszeit ohne Wasser beträgt normalerweise nur wenige Tage. Auch an diesem Vorhaben halte Metzeler-Kick weiter fest, bestätigte eine Pressesprecherin dem »nd«.

Mit Richard Cluse und Titus Feldmann befinden sich noch zwei weitere Aktivisten im Hungerstreik. Am Montag hatte die Gruppe als »Entgegenkommen« an Kanzler Scholz ihre Forderungen vereinfacht. Sie enthalten nun keine konkreten Zahlen mehr. Der Kanzler machte inzwischen aber mehrmals deutlich, dass er nicht auf die Forderungen eingehen werde. Zuletzt forderte er die Klimaaktivisten dazu auf, ihren Hungerstreik zu beenden.

Trotz dieser Absage ist Metzeler-Kick fest entschlossen, weiter zu hungern – auch wenn das seinen Tod bedeutet. Gibt es also überhaupt noch einen Ausweg? Die Weltärztekammer verbietet die Zwangsernährung von Hungerstreikenden, Deutschland folgt dieser Weisung. Der Berliner Medizinrechtler Torsten Münnch sagte dem RBB dazu, dass die Rechtslage ziemlich eindeutig sei: Einen Menschen gegen seinen Willen medizinisch zu behandeln, ist unzulässig. Das gelte auch im Falle einer eintretenden Bewusstlosigkeit.

Auf einer Pressekonferenz am Montag deutete Metzeler-Kick aber noch eine weitere Möglichkeit an. Möglicherweise sei ein Kompromiss zu erreichen: »Auf diese Frage mache ich meistens einen Witz«, sagte er. »Wenn die ›Bild‹-Zeitung unsere Forderungen abdruckt, glaube ich, wäre das mehr wert, als wenn Herr Scholz das aussprechen würde.« Die »Taz« schreibt, Nachfragen hätten ergeben, dass diese Aussage durchaus ernst gemeint sei. Offiziell verkündet haben die Klimaaktivist*innen diese Möglichkeit aber nicht. Grund dafür seien auch interne Meinungsverschiedenheiten, heißt es aus dem Umfeld der Kampagne. Und weiter: »Es hätte aber schon einen Einfluss, wenn die ›Bild‹ das abdrucken würde.« Auf Nachfrage des »nd«, wie »Bild« auf diese Entwicklung reagieren möchte, lag bis Redaktionsschluss keine Antwort der Zeitung vor. 

Vor dem Willy-Brandt-Haus dauerte es am Dienstagmorgen ungefähr eine halbe Stunde, bis die Polizei eintraf. Die Letzte Generation nutzte die Zeit, um ihre Botschaft an weiteren Wänden zu platzieren.

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