Die Bahnsanierung kann kommen

Bundestag und Bundesrat stimmen Novelle des Schienenwegeausbaugesetzes zu

Zur milliardenschweren Sanierung des Schienennetzes ist eine Gesetzesreform beschlossen worden. Nachdem sich Mitte der Woche der Vermittlungsausschuss auf die Änderungen geeinigt hatte, stimmten Bundestag und Bundesrat am Freitag zu.

Mit der Reform des Bundesschienenwegeausbaugesetzes kann sich der Bund künftig auch direkt an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Schienennetzes beteiligen – und nicht nur an Bauprojekten. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: »Nach langen Verhandlungen haben Bundestag und Bundesrat endlich den Weg für das größte Sanierungs- und Modernisierungsprogramm der letzten Jahrzehnte freigemacht.«

Das Gesetz ist wichtig für die geplante milliardenschwere Generalsanierung von Bahnstrecken. Bis zum Jahr 2030 will die Bahn 40 hoch belastete Strecken grundlegend modernisieren, um wieder pünktlicher und zuverlässiger zu werden. Los geht es Mitte Juli auf der Riedbahn zwischen Frankfurt (Main) und Mannheim, die dafür für ein knappes halbes Jahr gesperrt wird.

Zwischen Bund und Ländern war vor allem umstritten, wer den notwendigen Schienenersatzverkehr mit Bussen bezahlt. Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss sollen sich die Länder an den Kosten mit 50 Prozent beteiligen, der Bund mit 40 Prozent und die Deutsche Bahn mit zehn Prozent.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte im Bundesrat, der Schienenersatzverkehr bei den Generalsanierungen der Hochleistungskorridore koste etwa 1,5 Milliarden Euro. Dafür und für andere Aufgaben müssten aber die Regionalisierungsmittel erhöht werden – mit diesen Geldern des Bundes bestellen Länder und Verbünde Leistungen bei Verkehrsunternehmen. Bayerns Ressortchef Christian Bernreiter (CSU) sagte, wenn die Länder keine zusätzlichen Mittel bekämen, müssten sie Verkehre abbestellen. Die Länder fordern seit langem eine deutliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel.

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Die Einigung sieht ferner vor, dass die geplante Sanierung von besonders stark frequentieren Trassen, wie der Bund sie plant, nicht zu Lasten anderer Ausbau- und Neubauvorhaben, von Digitalisierungsprojekten und der Sanierung anderer Strecken gehen. Zudem sollen Bahnhofsgebäude förderrechtlich als Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur gelten, womit der Bund künftig auch für deren Sanierung und Modernisierung aufkommt. Hier führte der Druck im Vermittlungsverfahren dazu, dass nun auch dieser Teil der Eisenbahninfrastruktur in die Finanzierung einbezogen wird. In den vergangenen Jahrzehnten verkaufte die Bahn viele Bahnhofsgebäude, weil das Unternehmen den Erhalt der Gebäude nicht allein durch Mieteinnahmen finanzieren konnte.

Eine Einigung fand der Vermittlungsausschuss auch beim Thema Schienenersatzverkehr: Wenn Strecken aufgrund von Generalsanierungen mehrere Monate gesperrt werden, müssen sich Bund und Länder an den Kosten für den Ersatzverkehr auf Straße und Schiene beteiligen, die zuvor durch das Eisenbahn-Bundesamt festgestellt wurden.

Der Einigungsvorschlag sieht auch vor, dass sich der Bund im Rahmen der Digitalisierung der Schienenwege an den Kosten für eine Umrüstung von Infrastruktur und Fahrzeugen beteiligt. Die operative Steuerung der Digitalisierung soll eine Koordinierungsstelle übernehmen, die von den Eisenbahnverkehrsunternehmen, den Infrastrukturbetrieben des Bundes, den Ländern und den Aufgabenträgern errichtet und betrieben wird.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel begrüßte am Freitag die Einigung: Das Gesetz beinhalte »zentrale Weichenstellungen« für die Stärkung der Schiene. »Durch die Ausweitung der Finanzierung kann die Schiene endlich vollumfänglich finanziert werden«, so Gastel. Der Bund könne erstmalig auch in Instandhaltung investieren, womit »bestehende Fehlanreize beseitigt« werden könnten.

Auch die Allianz pro Schiene zeigte sich erleichtert: »Wir begrüßen es, dass der Bund die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur künftig mitfinanzieren kann. Die bisherigen Regelungen waren zu starr und in vielen Fällen auch eine Investitionsbremse. Nun kann bei wichtigen Schienenstrecken die Sanierung und Modernisierung endlich aus einem Guss erfolgen.«, Dirk Flege, Geschäftsführer des Bündnisses von 23 Verbänden aus Verkehrswirtschaft und Zivilgesellschaft. Als besonders erfreulich wertet Flege, dass der Bund künftig auch für die Sanierung und Modernisierung von Empfangsgebäuden an den Bahnhöfen aufkommt: »Das ist ungemein wichtig. Sogenannte Empfangsgebäude werden nun als Teil der Infrastruktur und damit der Daseinsvorsorge anerkannt.«

Kritisch äußerte sich die Allianz zu fehlenden Regelungen im novellierten Gesetz für den Schienengüterverkehr. Bei den anstehenden Korridorsanierungen müsse dieser massive Umwege und dadurch Mehrkosten in Kauf nehmen. »Wenn die Güterbahnen dafür keinen Ausgleich erhalten, ist das ein enormer Wettbewerbsnachteil im Vergleich zum Straßengüterverkehr«, sagte Flege. »Der Fortbestand vieler Angebote auf der Schiene ist dadurch ernsthaft gefährdet.« Mit Agenturen

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