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Klassenfrage Brunnen

Der Senat weiß nicht, wie viele private Brunnen es in der Stadt gibt

Der gerechte Zugang zu Wasser ist auch eine Klassenfrage, sagt Umweltpolitikerin Katalin Gennburg (Linke)
Der gerechte Zugang zu Wasser ist auch eine Klassenfrage, sagt Umweltpolitikerin Katalin Gennburg (Linke)

Für die meisten Berliner*innen dürfte das Wasser aus dem Wasserhahn ausreichen. Wer aber mehr Wasser nutzen will, kann relativ problemlos einen privaten Brunnen graben. Wie viele es davon in der Stadt gibt und wie viel Grundwasser entnommen wird, weiß niemand so genau, auch nicht der Berliner Senat. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Klimaschutz und Umwelt auf eine Anfrage der umweltpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Katalin Gennburg, hervor.

Dabei geht es nicht nur um Gärtner*innen, die ihren Rasen günstig sprengen wollen, sondern auch um Unternehmen. »Firmen benötigen das Grundwasser zum Teil als Betriebswasser, als Löschwasser, es wird für Bewässerungszwecke oder für die Kühlung verwendet und es gibt Brunnen zur Gebäudetrockenhaltung«, so der Senat.

Zwar hat das regenreiche Jahr 2023 dafür gesorgt, dass sich der Grundwasserspiegel in Berlin nach Jahren der Dürre etwas erholt hat. Zuletzt teilten die Berliner Wasserbetriebe mit, dass der Grundwasserspiegel im Vergleich zum vergangenen Jahr gut 30 Zentimeter höher sei. Um aber das Grundwasserniveau vor der Zeit der Dürre zu erreichen, bräuchte es noch drei Jahre mit ähnlich viel Regen wie 2023.

»Sollte der Senat wirklich keine genaue Übersicht über die Brunnen und deren
Entnahmemengen sowie deren Entwicklung haben, so wäre dies fatal«, sagt Katalin Gennburg (Die Linke). Neben den Folgen des Klimawandels werden Spree und Havel wegen des Endes der Braunkohlförderung in der Lausitz in Zukunft wesentlich weniger Wasser führen. Aktuell wird noch Wasser aus den Tagebauten abgepumpt und in die Flüsse geleitet. Der Wegfall hat auch Folgen für das Berliner Grundwasser, aus dem das Trinkwasser der Stadt gewonnen wird.

»Dass der Senat nicht einmal weiß, wie viele Brunnen es in der Stadt gibt, ist ein unhaltbarer Zustand«, sagt Carmen Schultze, Sprecherin des Umweltverbandes BUND, im Gespräch mit »nd«. Wasser zu sparen werde auch angesichts der wachsenden Bevölkerungszahlen immer wichtiger. »Durch das Faktenloch kann man kein vernünftiges Wassermanagement machen – und dabei reden wir noch nicht einmal von Sparen«, so Schultze.

Der BUND spricht sich dafür aus, die Genehmigungspraxis zu ändern. Bisher sind Brunnen, die weniger als 15 Meter tief sind, nur melde- und nicht genehmigungspflichtig. »So wie es jetzt ist, kann man einfach buddeln und gut ist, das kann so nicht weitergehen«, so Schultze.

Auch das Grundwasserentnahmeentgelt hat sich seit 2005 nicht verändert. Derzeit müssen pro entnommenem Kubikmeter 0,31 Euro gezahlt werden. 6000 Kubikmeter pro Jahr können entgeltfrei entommen werden. Ein*e durschnittliche Berliner*in verbraucht laut Angaben der Berliner Wasserbetriebe im Jahr 42 Kubikmeter. Umweltpolitikerin Gennburg spricht sich für eine Reform dieser Regelung aus.

Der gerechte Zugang zu Wasser sei eine Klassenfrage, sagt Gennburg. Mit seinem Nichtwissenwollen verschließe der Senat nicht nur die Augen vor der Versorgungssicherheit der Berliner*innen. »Wenn mal wieder Menschen mit geringem Einkommen zur Nutzung von Waschlappen aufgefordert werden, während allein ein Berliner Golfplatz so viel Wasser verbraucht wie 3000 Berliner*innen im Schnitt zusammen«, dann gefährde das auch den sozialen Frieden in der Stadt, so die Politikerin.

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