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Was passiert, wenn Deborah Feldman einen Polizisten sieht?
Deborah Feldman fürchtet Zensur und Unterdrückung - in aller Öffentlichkeit
Nicht einfache Diskussion. Es war ein Versuch«, musste Markus Lanz seine Sendung am vergangenen Donnerstag ernüchtert bilanzieren. Sie hatte friedlich und bewegend begonnen; neben Regisseurin Adriana Altaras, Historiker Michael Wolffsohn und Jurist Michael Fürst sprach eine zutiefst bewegte, ihrer Emotionalität freien Lauf lassende Deborah Feldman von ihrer Hilflosigkeit und Verzweiflung angesichts der Katastrophe in Nahost. Doch schon bald wechselte die Schriftstellerin das Register, schlug einen insolenten, bisweilen sarkastisch-höhnischen Ton an – und teilte nach allen Seiten aus.
Einerseits richtete sie sich gegen die deutsche Staatsgewalt, die von Rechtsextremisten unterwandert sei und israelkritische Juden verhafte (»Inzwischen kriege ich [einen] Herzinfarkt, wenn ich einen Polizisten sehe«), andererseits gegen eine abstrakt-totalitäre Erinnerungskultur (»Da sind Friedensakteure, denen Bühnen verboten werden, weil die Erinnerungskultur damit ein Problem hat«). Und natürlich gegen einseitige Medien nebst einer polizeilich rigoros durchgesetzten Zensur. Der performative Beweis sollte folgen: Nachdem sie einen propalästinensischen Slogan zitiert hatte, bat sie Lanz, ihre Rede nötigenfalls zu streichen – »sonst sitze ich morgen im Knast«.
Ihr Resümee lautete demgemäß: »Ich habe Angst vor dem Staat, ich habe Angst vor der Politik, ich habe Angst vor dem Diskurs und vor der Art und Weise, wie die Medien in diesem Land funktionieren.« Dass allein in dieser Sendung Adriana Altaras offen für eine Kritik der Regierung Netanjahu eintrat und Michael Fürst das Recht der Palästinenser auf ihr eigenes Land behauptete und für eine Zweistaatenlösung optierte, ja sogar die Gründungsidee der Boykottbewegung BDS befürwortet wurde, störte den Furor von Feldmans Zensurbehauptungen mitnichten.
In fast schon stoischer Gelassenheit setzte Wolffsohn, von Feldman fortwährend unterbrochen, wieder und wieder zu seiner Argumentation an, bis er – offenbar an die Grenze des Zumutbaren gebracht – zuletzt doch Anstalten machte, die Runde zu verlassen. Freilich, auch wenn die anderen sich auch nicht derart unbändig gebärdeten, so wurde auch Feldman rhetorisch nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und sah sich mit manchem Vorwurf konfrontiert, der angesichts ihrer konkreten Äußerungen übertrieben erscheinen mochte.
Diese Vehemenz dürfte ihre Ursache in Feldmans früheren Einlassungen haben, mit denen sie als medial dauerpräsente Pseudorepräsentantin der jüdischen Community ebendiese vollends gegen sich aufgebracht hat: Nicht nur hatte sie den postsowjetischen Juden in Deutschland – und damit einer erdrückenden jüdischen Mehrheit – kollektiv ihr Jüdischsein abgesprochen, um sich als Sprachrohr einer fingierten Gemeinschaft »richtiger« Juden zu inszenieren – und zwar mit nicht bloß kruden, sondern hierzulande auch marginalen Positionen. Darüber hinaus hatte sie auch noch wiederholt behauptet, in Deutschland seien allein proisraelische Juden willkommen, geschützt und geduldet; überhaupt aber bedeute Judentum in Deutschland Macht, Einfluss und Geld – so bediente Feldman klassische antisemitische Stereotype. Fügt man diese Fiktionen mit ihren Zensurbehauptungen zusammen, so wird unweigerlich die alte propagandistische Vorstellung einer jüdisch oder zionistisch infiltrierten, wenn nicht sogar kontrollierten Presse heraufbeschworen.
Auch wenn Feldman den Rechtsextremismus beständig als größte Gefahr für die Juden herausstellt, wird hierbei offenbar: Rechter Rhetorik ist sie selbst deutlich näher, als es ihr lieb sein dürfte. Denn sie bedient sich eines populistischen Diskursmanövers, wie es noch vor Kurzem charakteristischerweise von rechts – etwa im Kontext der Impfskepsis oder im Zuge gängiger Cancel-Culture-Vorwürfe – ausgespielt und von Linken völlig zu Recht verspottet wurde. Das zugrundeliegende Verfahren, das man »inszenierte Zensur« nennen kann, beruht auf einem ebenso alten wie effektiven Taschenspielertrick: sagen, was viele sagen, aber zugleich sagen, dass man nicht sagen dürfe, was man sagt.
Dabei mag diese Strategie in Feldmans Welt durchaus eine gefühlte Realität abbilden: Es ist ja nicht unwahr, dass viele Medien einer dezidiert proisraelischen und antisemitismuskritischen Linie folgen. Allein: Auch für die Gegenposition trifft dies zu. So konnte schon in früheren Jahren wissenschaftlich belegt werden, dass Schlagzeilen öffentlicher Medien vielfach dazu tendieren, Israel in negativem Lichte darzustellen.
Weder im einen noch im anderen Falle handelt es sich jedoch um Zensur: Es mag immer wieder Ungerechtigkeit, Einseitigkeit und Ignoranz sein, es mag Shitstorms, Ausladungen und Animositäten geben – doch darob in Realitätspervertierung zu verfallen und ubiquitäre staatliche Zensur herbeizudelirieren, ist nichts als eine Trotzgebärde der Pseudosubversion: Im Kampf mit zu phantasmagorischen Dimensionen emporstilisierten Mächten – ob Medien, Staat, oder diffusen, meist jüdisch imaginierten Eliten – produziert sie einen Gestus wohlfeiler Revolte. Und so ist auch Feldmans populistisch grelle Welt in erster Linie eine Kulisse wenig glorreicher Selbstheroisierung.
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