Klima unter Feuer

Antikriegsbündnis legt Studie über Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Klimakrise vor

Militärfahrzeuge haben enormen Verbrauch an fossilen Kraftstoffen
Militärfahrzeuge haben enormen Verbrauch an fossilen Kraftstoffen

Immer mehr und immer teurere Waffen wollen die Nato-Staaten anschaffen. Das beschlossen sie auf ihrem Gipfel vergangene Woche in Washington. Und über Monate werden Waffensysteme bei ausgedehnten Luftwaffen- und Marine-Manövern in realitätsnahen Einsätzen getestet. Dabei ist die Bundeswehr federführend für die Organisation und Leitung der Serie von Luftwaffenübungen verantwortlich, die parallel zum Gipfel im US-Bundesstaat Alaska unter dem Namen »Arctic Defender« startete.

Stimmen, die sich für Abrüstung und Entspannung einsetzen, werden heute kaum gehört. Dabei gibt es zahlreiche Gründe, gegen das neue Wettrüsten und für ein Ende der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen aktiv zu werden. Einer davon wird nur selten genannt: der Schutz von Klima und Umwelt. Sehr zu Unrecht, denn Produktion wie Einsatz von Waffen und Militärfahrzeugen und -jets, sei es zu Trainingszwecken oder in realen Kriegen, treiben die Klimakrise wesentlich an.

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Das ist das Ergebnis einer Studie, die internationale Friedens- und Klimaschutzbündnisse anlässlich des Gipfels veröffentlichten. Danach erhöhten sich die militärischen Emissionen der Nato im vergangenen Jahr gegenüber 2022 um 15 Prozent bzw. 31 Millionen auf 233 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Der Ausstoß der Bundesrepublik stieg sogar um 55 Prozent von 6,1 Millionen auf 9,4 Millionen Tonnen. Insgesamt wurden in der Bundesrepublik im vergangenen Jahr 673 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen.

Die Studien zu den Klimafolgen der Rüstung werden regelmäßig unter dem Titel »Climate Crossfire – wie das Zwei-Prozent-Militärausgabenziel der Nato zum Klimakollaps beiträgt« veröffentlicht. Herausgegeben werden sie unter anderem von der niederländischen Gruppe Stop Wapenhandel und von Tipping Point North South aus Großbritannien. Aus Deutschland gehört die Organisation Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) zu den Mitherausgeber*innen. Erarbeitet wurde sie vom Transnational Institute, das sich als Bindeglied zwischen engagierten Akademikern, sozialen Bewegungen und progressiven politischen Gruppen versteht.

Die Vorsitzende von IPPNW Deutschland, Angelika Claußen, warnte anlässlich der Veröffentlichung, die »massive Aufrüstungsspirale« zerstöre das Klima und damit »unsere Lebensgrundlagen«. Claußen weiter: »Das kostet uns Unsummen. Allein mit dem Anstieg der Nato-Rüstungsausgaben im Jahr 2023 könnten wir Klimaschutz und Klimaanpassung für Länder im Globalen Süden für ein Jahr finanzieren.« Die Bundesregierung müsste umsteuern und die Erreichung der Pariser Klimaziele zur Priorität ihres Handelns machen.

Claußen erinnerte auch an die auf dem Nato-Gipfel beschlossenen weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine – und daran, dass vor allem Kriege selbst immense Klima- und Umweltschäden verursachen. Laut einer kürzlich erschienenen Studie des ukrainischen Umweltministeriums in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen verursachten die ersten 24 Monate des russischen Angriffskrieges 175 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß der Niederlande.

Die IPPNW weist auch darauf hin, dass nach Berechnungen des Weltklimarates IPCC eine Reduzierung von Emissionen in allen Sektoren bis zum Jahr 2030 gegenüber 2019 erforderlich ist, um das im Pariser Klimaabkommen von 2015 vorgegebene Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dies würde eine jährliche Reduzierung der militärischen Emissionen um mindestens 5 Prozent erfordern, so Claußen. Doch wahrscheinlich werde sich der Trend zur Erhöhung der Militäremissionen in den kommenden Jahren weltweit fortsetzen.

Studien zu den Klimafolgen von Aufrüstung und Krieg erhalten weiterhin wenig Aufmerksamkeit, obwohl der Klimaschutz in den gesellschaftlichen Debatten heute einen großen Stellenwert hat. Dabei weisen die Untersuchungen nach, dass auch im militärischen Bereich dringend gegengesteuert werden müsste.

In den letzten Jahren gab es wiederholt Versuche, die Themen Klimagerechtigkeit und Antimilitarismus zusammenzubringen. So sprachen auf einigen Kundgebungen der Friedensbewegung auch Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung und verwiesen auf den Zusammenhang zwischen Abrüstung und Klimaschutz. Doch zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit kommt es bislang meist nicht.

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