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Berlin: Linke will Wohnungsbesitzer zwingen, an Arme zu vermieten
Linke will Eigentümer verpflichten, frei werdende Wohnungen an WBS-Inhaber zu vermieten
Wie stark darf das Land Berlin den Wohnungsmarkt regulieren? Seitdem das Bundesverfassungsgericht 2021 den Mietendeckel kippte, ist das die Gretchenfrage der Berliner Mietenpolitik. Eine von der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus in Auftrag gegebene Studie sieht nun noch ungenutzte Spielräume für Eingriffe in den Wohnungsmarkt.
»Wir finden im Grundgesetz zwar kein explizites Recht auf Wohnen«, sagt Studienautorin Pia Lange. »Aus dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich aber eine objektive Verpflichtung für den Staat, für eine angemessene Versorgung mit Wohnraum zu sorgen.« Die Rechtswissenschaftlerin und Mitglied des Staatsgerichtshofes der Hansestadt Bremen sieht dabei einen erheblichen Teil der Gesetzgebungskompetenz bei den Bundesländern. »Daraus ergibt sich keine Pflicht, ein bestimmtes Instrument zu nutzen«, sagt Lange. »Aber man kann auch nicht einfach nichts machen.«
Wie weit diese Kompetenzen gehen könnten, zeigte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Mietendeckel selbst auf. Gewiss urteilte es, dass der Mietendeckel mit dem Bundesrecht kollidiere. Die Länder könnten allerdings in den Mietmarkt eingreifen, »wenn die bürgerlich-rechtliche Prägung des Mietverhältnisses durch öffentlich-rechtliche Vorschriften ganz oder teilweise verdrängt und die Auswahl der Vertragsparteien sowie die Festlegung der Vertragsinhalte durch verwaltungsrechtliche Vorgaben überlagert wird«, heißt es in dem Urteil.
»Wohnungen sind ein essenzielles Gut für die Gesellschaft und das sollte sich auch in der Regulierung spiegeln«, sagt Lange. Wohnungsbesitzer müssten sich gefallen lassen, dass ihr Eigentum weitgehenderen staatlichen Eingriffen ausgesetzt sei als andere Güter. »Wohnungen weisen einen höheren Sozialbezug auf als andere Dinge«, so die Studienautorin. Das mache sie gesellschaftlich notwendig.
Aus der Linksfraktion gibt es bereits Ideen, wie der regulatorische Spielraum genutzt werden könnte: Gewerbliche Vermieter, die mindestens 50 Wohnungen besitzen, sollen verpflichtet werden, frei werdende Wohnungen an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen (WBS) zu vermieten. Dies soll Teil eines geplanten »Sicher-Wohnen-Gesetzes« sein.
»Wir wollen dafür sorgen, dass Normal-Berliner mit durchschnittlichen Einkommen wieder eine bezahlbare Wohnung finden können«, sagt Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Der Wohnberechtigungsschein berechtigt eigentlich dazu, eine Sozialwohnung im öffentlich geförderten Segment beziehen zu können. Doch 1,1 Millionen WBS-berechtigten Haushalten stehen gerade einmal 90 000 Sozialwohnungen gegenüber – Tendenz sinkend, weil jedes Jahr Wohnungen aus der zeitlich befristeten Sozialbindung fallen und erheblich weniger nachgebaut werden. Für einen WBS sind allerdings nicht nur Geringverdiener berechtigt, sondern auch Haushalte mit mittleren Einkommen.
Wie viele frei werdende Wohnungen für WBS-Inhaber reserviert werden müssen, soll sich nach der Größe der Vermieter richten. Besitzt ein Vermieter 50 bis 150 Wohnungen, sollen etwa 25 Prozent der frei werdenden Wohnungen an WBS-Inhaber gehen, bei einem Vermieter mit mehr als 1000 Wohnungen in seinem Besitz sollen es 35 Prozent sein. Insgesamt seien das etwa 12 000 Wohnungen im Jahr, rechnet Schenker vor. 50 Prozent der frei werdenden Wohnungen sollen maximal 7 Euro pro Quadratmeter Miete im Monat kosten, jeweils 25 Prozent maximal 9,50 Euro und 11,50 Euro.
»Wir wollen, dass Normal-Berliner wieder eine bezahlbare Wohnung finden können.«
NIklas Schenker (Linke)
mietenpolitischer Sprecher
»Wir zielen nicht auf die Genossenschaften«, sagt Schenker. Diese sollen aber auch nicht von dem Gesetz ausgenommen werden. »Ich glaube nicht, dass eine Genossenschaft in Berlin ein Problem damit hat, ein Drittel ihrer frei werdenden Wohnungen an WBS-Berechtigte zu vermieten.« Um nachzuvollziehen, welche Vermieter unter die Pflicht fallen würden, will die Linksfraktion ein Register auf den Weg bringen, mit dem erfasst wird, welche Vermieter wie viele Wohnungen in Berlin besitzen.
Der Plan der Linken sieht vor, dass das Land Berlin den Vermietern drei wohnungssuchende WBS-Inhaber vorschlägt, aus denen der Vermieter eine Auswahl treffen kann. Dabei sollen jene Wohnungssuchenden bevorzugt werden, die einen besonders dringenden Wohnbedarf aufweisen. Für Vermieter, die durch die Vorgaben in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, soll es eine Härtefallregelung geben. Vermieter, die sich der Pflicht entziehen, sollen nach dem Willen der Linken mit Bußgeldern und Strafen bis hin zur Zwangsverwaltung belegt werden.
Das »Sicher-Wohnen-Gesetz« der Linken soll auch den Mieterschutz ausbauen: So sollen Mieter besser vor Eigenbedarfskündigungen geschützt werden. Sie sollen in ihren Wohnungen verbleiben dürfen, wenn keine angemessene Ersatzwohnung zur Verfügung steht.
Zudem will die Linkspartei ein »Landesamt für Wohnungswesen« aufbauen. Hier sollen Kompetenzen und Verantwortungen zentral gebündelt werden. Das würde einen Machtverlust für bezirkliche Wohnungsämter bedeuten. »Die Wohnungsämter sind unterbesetzt«, sagt Schenker. Daher könnten sie ihre Aufgaben häufig nur unzureichend wahrnehmen und nur selten Kontrollen durchführen. »Bestehende Regelungen können schon jetzt nicht umgesetzt werden«, so Schenker.
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