Schmonzes inkognito

Warum ihn nur Komödianten, Parodisten und Talmudisten verstehen

Wo waren wir doch gerade? Stimmt: beim Schmonzes. Obwohl beim Schmonzes nichts stimmt, sonst wäre es ja gerade kein Schmonzes. Wenn aber etwas gerade kein Schmonzes wäre, dann wäre es überhaupt gar nicht, weil alles Schmonzes ist. Zumindest ist, wie gesagt, alles vom Schmonzes durchdrungen, besonders der Geist, und noch mehr besonders derjenige Geist, der nicht glaubt, von Schmonzes durchdrungen zu sein. Denn der Schmonzes ist dort besonders stark, wo er unerkannt wirkt.

Der Schmonzes ist gern inkognito unterwegs, edel und nobel, in edler Kluft und nobler Klamotte, in nobler Gesellschaft und edler Begleitung, was eigentlich dasselbe ist, aber das braucht den Schmonzes nicht zu kümmern, eben weil er der Schmonzes ist. Den Schmonzes braucht gar nichts zu kümmern, dafür aber kümmern sich alle Menschen um den Schmonzes, ob sie wollen oder nicht, ob um diesen oder um jenen, die einen mehr, die anderen nicht viel weniger.

Der Schmonzes ist gern inkognito unterwegs, er bleibt aber auch gern inkognito am Ort, er sitzt unerkannt in unseren Tempeln und Parlamenten, in unseren Verlagshäusern und unseren Rundfunkanstalten, in unseren Universitäten und Schulen, in unseren Stuben und unseren Oberstübchen. Deshalb glauben manche, das seien vielleicht gar nicht unsere Schulen und Universitäten, nicht unsere Verlagshäuser, Rundfunkanstalten und Parlamente, sondern die Universitäten und die Parlamente des Schmonzes. Aber es sind trotzdem unsere Universitäten und unsere Verlagshäuser, unsere Rundfunkanstalten und unsere Parlamente, unsere Schulen und unsere Tempel, und das wollen nur diejenigen nicht wahrhaben, die nicht verstehen, dass der Schmonzes auch in ihren Oberstübchen wohnt.

Das verstehen viele nicht, weil sich der Schmonzes nur denjenigen offen zu erkennen gibt, nur denjenigen sich entbirgt, die ihn schätzen, die ihn ehren, zum Beispiel die Komödianten und die Blödianten, die Satiriker und Sarkastiker, die Parodisten und die Talmudisten.

Zu welcher Gruppe der junge Schmendrik gehört, das müsst Ihr selbst herausfinden, denn das ist ohnehin klar. Zum Beispiel ist klar, dass er nicht zu den Talmudisten gehört, auch nicht zu den Parodisten und noch weniger zu den Satirikern, natürlich auch nicht zu den Komödianten und gewiss auch nicht zu den Sarkastikern. Jedenfalls läuft der Schmendrik den ganzen Tag umher, von hier nach dort und von dort nach hier, von hüben nach drüben, von links nach rechts und von oben nach unten, von drinnen nach draußen und wieder von draußen nach drinnen – und produziert überall Schmonzes, wo er nur kann, und so viel Schmonzes, wie er nur kann und wie nur er kann. Und er kann mehr Schmonzes produzieren als Tante Rahel Hühnerbrühe, als Onkel Eisek Flöhe oder als Oma Riwa Zores. Und das muss schon was heißen, ja, es muss nicht nur, sondern es heißt auch was, nämlich sehr viel Schmonzes, so viel, dass es nicht mehr einfach Schmonzes ist, sondern Schmonzes-Bajonzes oder Schmonzes-Maronzes oder am Ende sogar beides drei.

Eine ganze Schmonzeswirtschaft ist das – und mit Schmonzes lässt sich natürlich bestens wirtschaften. Denn Schmonzes gibt es bei uns und bei euch, bei Arm und Reich, bei Kind und Kegel, bei Haus und Hund, bei Floh und Ohr, bei Schnee und bei Sturm, bei Tag und bei Nacht, weil Schmonzes nichts anderes ist als a nechtiger tag und a tagdike nacht. Was bedeutet das? Das bedeutet natürlich nur Schmonzes. Und was bedeutet Schmonzes? Nun, Schmonzes bedeutet gar nichts, weil Schmonzes ist, wenn du aufhörst zu denken, aber nicht aufhörst zu reden. Schmonzes ist, wenn das Lied aufhört, aber der Gesang weitergeht. Schmonzes ist, wenn das Gedicht aufhört, aber der Reim weitermacht.

Kurzum: Schmonzes ist, wenn der Anfang nach dem Ende kommt. Denn der Schmonzes kennt kein Ende. Und obwohl der Schmonzes kein Ende kennt, ist am Ende alles Schmonzes. Doch selbst wenn er ein Ende kennen würde: Wenn der Schmonzes vorbei ist, dann kommen der Schmus, der Schmarrn, der Schmu und der Stuss.

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