Kita-Plätze in Berlin: Überschuss hier, Mangel dort

Nach dem Aus des Erzieher*innen-Streiks will Bildungssenatorin Gün­ther-Wünsch mit »allen beteiligten Akteuren« nach Lösungen suchen

Bittet zum Kita-Gespräch: Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU)
Bittet zum Kita-Gespräch: Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU)

Die Zahlen klingen gut und ändern doch nichts am Frust Berliner Erzieher*innen, die gerne streiken würden, aber nicht dürfen. Im aktuellen Kita-Entwicklungsbericht zieht die Bildungsverwaltung Bilanz für den Zeitraum von 2019 bis 2023. Demnach verfügt Berlin insgesamt über mehr Kita-Plätze und einen verbesserten Betreuungsschlüssel und das, während immer mehr Kinder in den Einrichtungen unterkommen.

Möglich macht das der demografische Wandel in der Hauptstadt: Um 3,1 Prozent ist die Zahl der Kinder unter sieben Jahren seit 2019 gesunken, wie Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) nach der Senatssitzung am Dienstag mitteilt. Berlinweit seien im vergangenen Jahr rund 169 900 Kinder in Betreuung gewesen, 2800 weniger als im Jahr zuvor. Zugleich befanden sich dem Bericht zufolge 71,6 Prozent aller Kinder unter sechs Ende 2023 in Betreuung – ein Zuwachs um 2,9 Prozent.

Zudem verfügt ganz Berlin laut Bildungssenatorin über mehr als 197 300 Kita-Plätze. »Das ist so viel wie noch nie. Das war aber auch Sinn und Zweck des Kita-Ausbauprogramms«, sagt Günther-Wünsch. In immer mehr Kiezen seien genügend Plätze vorhanden, um das Wahlrecht der Eltern zu gewährleisten. Bei rund 15 800 freien Plätzen in der gesamten Stadt unterscheide sich die Situation von Kiez zu Kiez allerdings deutlich: »Ich denke, Sie werden mir alle recht geben, wenn ich sage, dass es keinem Kind aus Marzahn-Hellersdorf hilft, wenn in Rudow oder Buckow ein Kita-Platz frei ist.« Während mancherorts die Wartelisten länger und länger würden, suche man anderswo händeringend nach Kindern.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Die Zahl der pädagogischen Fachkräfte hat sich laut Kita-Entwicklungsbericht seit 2019 um rund 3600 auf insgesamt 36 200 Stellen erhöht. Zugleich macht der jüngst durch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg untersagte Streik an den Kita-Eigenbetrieben deutlich, dass Unzufriedenheit unter Berliner Erzieher*innen herrscht. Die Bildungssenatorin signalisiert am Dienstag erneut Gesprächsbereitschaft mit Verdi und der Bildungsgewerkschaft GEW. »Die Situation hat sich für mich nicht erledigt«, sagt Günther-Wünsch. Bisher habe jedoch noch keine Kontaktaufnahme der Gewerkschaften stattgefunden.

Nichtsdestotrotz stellt die CDU-Politikerin einen runden Tisch in Aussicht. Um die Lage an unter Druck stehenden Kitas zu verbessern, wolle sie »mit allen beteiligten Akteuren« ins Gespräch kommen. Erzieher*innen, Kita-Leitungen, Bezirksstadträt*innen und auch Gewerkschaften müssten gemeinsam nach Entlastungsmechanismen suchen. »Das sind Sachen, die sind bürokratisch«, ergänzt Günther-Wünsch. Als möglichen Ansatzpunkt nennt sie die Personalzusammensetzung. Nach wie vor gebe es im Kita-Bereich vergleichsweise strenge Restriktionen, was potenzielle Quereinsteiger*innen betreffe.

Die Forderung von Verdi nach einem Personalschlüssel von eins zu drei weist Günther-Wünsch zurück: »Ich sage nicht, dass ich ihn pädagogisch nicht nachvollziehen kann.« Eine Umsetzung sei jedoch unrealistisch und »einfach nicht seriös«:. Tausende neue Fachkräfte, über die Berlin nicht verfüge, müssten hierfür in nur wenigen Monaten aufgetrieben werden. Der derzeitige Schlüssel sieht maximal fünf Kinder pro Erzieher*in vor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal