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US-Politik mit Donald Trump: Schlimmer geht immer
Die USA und die Welt stehen nach Trumps Wahlsieg vor einschneidenden Jahren
Eins muss man den Amerikanern lassen: Sie machen keine halben Sachen. Wenn sie etwas lieben – im Sport wie in Hollywoodfilmen –, dann sind es Comeback-Geschichten. So war es nur konsequent, dass sie am Dienstag Donald Trump zum zweiten Mal zu ihrem Präsidenten wählten. Einen Mann, der am Tag nach dem Kapitolsturm vom 6. Januar 2021 selbst in seiner eigenen Partei als von nun an unwählbar galt.
Doch wie wird Trump seine zweite Chance nutzen? Manchen hat er erneut eine Menge versprochen, vielen anderen gedroht. Wird er es in den kommenden vier Jahren dennoch wieder bei Steuersenkungen für Reiche und Konzerne belassen, die ihm selbst am meisten nützen, oder stehen den USA und der Welt ein struktureller Umbau bevor? Wahrscheinlicher ist das zweite Szenario.
Ab sofort muss sich Trump bei seiner Politik nicht mehr um seine Wiederwahl sorgen, da sie gesetzlich ausgeschlossen ist. Das macht ihn potenziell gefährlicher. Die angedrohte Verfolgung politischer Gegner ist längst im Gange. Unter den Republikanern traut sich schon niemand mehr, Trump zu widersprechen. Mit der »Washington Post« zog kürzlich auch ein liberaler Mediengigant den Schwanz ein.
Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.
Im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit wird er auch nicht mehr auf gestandene Politiker oder Generäle in seinem Kabinett setzen, die ihn ausgewogen erscheinen lassen. Stattdessen sollen sich nun verbriefte Fremdenhasser wie Stephen Miller um die Massendeportation von Menschen ohne Aufenthaltsrecht in den USA kümmern. Der Aufschrei darüber wird erst groß werden, wenn dabei Familien auseinandergerissen werden, deren Kinder US-Bürger sind. Oder sogar erst dann, wenn plötzlich niemand mehr Häuser baut oder Felder bewirtschaftet, weil Bau- und Landwirtschaft abhängig von Arbeitskräften aus Lateinamerika geworden sind. Ihnen einen Weg zur Einbürgerung zu eröffnen, ist unter Trump jedenfalls nicht zu erwarten.
In der Gesundheitspolitik könnte nun Verschwörungstheoretiker Robert Kennedy Jr. ans Ruder kommen, wenn Trump sein Versprechen hält, ihn von der Leine zu lassen. Wird Kennedy Frauen wieder Zugang zu teils lebensrettenden Schwangerschaftsabbrüchen verschaffen? Sicher nicht. Der 70-Jährige will lieber Impfstoffe verbieten. Nicht nur die gegen Corona, auch Masern, Mumps, Pocken ... alles Teufelswerk!
Die Justiz wird Donald Trump noch viel grundlegender umkrempeln. Schließlich darf er mit der ihm sicheren Senatsmehrheit im Rücken nun Hunderte neue Bundesrichter im ganzen Land einsetzen. Das Novum einer Selbstbegnadigung kann er bei all den laufenden Verfahren gegen sich auch gleich mal ausprobieren. Der Supreme Court hat ihm ja schon für so vieles Immunität erteilt.
»Die Befreiung der Geiseln in Gaza wird nicht weit oben auf der Prioritätenliste stehen.«
Karen Finney CNN-Kommentatorin
Der Welt drohen derweil Handelskriege, die Trump mit Zöllen gegen konkurrierende Länder oder Konzerne führen will, die nicht in den USA produzieren wollen. Das könnte zu einer neuen Inflationswelle führen, die diesmal von den USA aus über den Erdball schwappt. Apropos Hochwasserkatastrophen: Mit Trumps Wahlsieg steht fest, dass die USA ihre Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen verfehlen werden. Trump ist schon einmal aus dem Pakt ausgestiegen und will lieber nach Öl bohren lassen, wo es nur geht.
Und die Konflikte dieser Welt? Trump behauptet, 24 Stunden nach Amtsantritt im Janur 2025 den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dort werden das viele als Drohung verstanden haben. Schließlich telefonierte Trump auch nach seinem Amtsverlust regelmäßig mit Wladimir Putin. Kritik an Russlands Präsidenten ist dem neuen amerikanischen noch nie über die Lippen gekommen. Es ist zu befürchten, dass Russland vor den ersten Verhandlungen seine Angriffe noch verstärken wird.
Ähnlich dürfte das Israels Premier Benjamin Netanjahu sehen. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hat Gaza bereits als »sehr wertvolles Wassergrundstück« bezeichnet. CNN-Kommentatorin Karen Finney prognostizierte am Mittwochmorgen jedenfalls: »Die Befreiung der Geiseln in Gaza wird nicht weit oben auf der Prioritätenliste stehen.« Und damit auch kein Ende des Krieges.
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