Europäisches Forum: Linke Kräfte sammeln statt zerstreuen

Linke Parteien, Gewerkschaften und Initiativen kamen zum politischen Ratschlag in Ungarns Hauptstadt

Am Sitz der ungarischen Metallgewerkschaft Vasas in Budapest wurde über Gegenmittel zum Vormarsch der extremen Rechten diskutiert.
Am Sitz der ungarischen Metallgewerkschaft Vasas in Budapest wurde über Gegenmittel zum Vormarsch der extremen Rechten diskutiert.

Wie kann auf europäischer Ebene angesichts der politischen Rechtsverschiebung der Widerstand gegen Sozialabbau, Militarisierung und Angriffe auf demokratische Rechte gestärkt werden? Darüber berieten am Wochenende in Budapest Vertreterinnen und Vertreter Dutzender Parteien und Organisationen. Neben Ungarn und seinen Nachbarn kamen sie unter anderem aus Dänemark, Griechenland, Belgien, Italien, Spanien, Italien, Zypern und Deutschland.

Es ist die achte Auflage des »Europäischen Forums linker, grüner und progressiver Kräfte«. Die Zeitumstände verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen man steht. Die Wahl des rechten Demagogen Donald Trump zum US-Präsidenten sendet Schockwellen, der Krieg in der Ukraine nach der russischen Invasion dauert bald 1000 Tage und Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen und im Libanon fordert eine große Zahl ziviler Opfer. Dass der zeitgleich in Ungarns Hauptstadt tagende EU-Gipfel Antworten zur Beilegung der internationalen Krisen, auf wirtschaftspolitischem Gebiet, für eine ökologische Transformation und die sozialen Nöte der Europäer liefert, erwartet hier niemand.

Veranstaltungsort des Forums ist diesmal das viel Traditionsbewusstsein ausstrahlende Gebäude des 1905 gegründeten Metallarbeiterverbands Vasas. Die Gewerkschaftszentrale liegt zwischen Häusern mit abgerissenen Fassaden in einer Nebenstraße im VIII. Bezirk der ungarischen Hauptstadt, in dem die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Probleme des EU-Landes an der Donau deutlich erkennbar sind.

Konsens ist in den Debatten, dass es linke Alternativen zum Kurs der EU unter der neuen Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen gibt. Ebenso, dass der nach Kapitalinteressen geformte Staatenbund einer grundlegenden Reform bedarf. Unter den Teilnehmern der diesjährigen Veranstaltung sind neben alten Bekannten auch viele neue und junge Gesichter. Mit dem Treffen in Budapest ist auch die Absicht verbunden, die Bande zu osteuropäischen Akteuren zu stärken.

Es sei paradox, dass Menschen, die Opfer der neoliberalen Projekte sind, für ihre Probleme zugleich Lösungen bei Parteien suchen, die den Marktradikalismus noch weiter treiben wollen, skizzierte Giordana Pallone von der italienischen Angestelltengewerkschaft FP CGIL die Lage. Die Slowenin Tea Jarc vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) zeigte auf, wie durch Privatisierung und Plattformisierung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge Arbeit prekarisiert und das europäische Sozialmodell angegriffen wird.

Deutlich wurde in Budapest: Der Weg der Linkskräfte aus dem Tal ist lang und steinig. Dazu gehören langfristige Organisierung und, wie Attila Vajnai von der Ungarischen Arbeiterpartei betonte, Antworten, die sich tatsächlich an den konkreten Alltagsproblemen der Menschen orientieren. Die Politik in Ungarn unter Viktor Orbán beschreibt Vajnai als eine Art Laboratorium für die extreme Rechte weltweit. Nötig sei auch links mehr materielle Solidarität, angesichts international vernetzter und von Oligarchen gesponserter Rechtskräfte, wird in Budapest mehrfach betont.

Entstanden ist das Forum, bei dem die Partei der Europäischen Linken (EL) Mitorganisator ist, 2017 auch, um ein Angebot zu schaffen, da das Europäische Sozialforum diese Funktion nicht mehr ausfüllte, berichtet der Brandenburger Vertreter der Linken, Martin Günther, »nd«. Es ist ein Brückenschlag vom kommunistischen und sozialistischen Spektrum zu linken Sozialdemokraten oder Grünen und nicht zuletzt den Gewerkschaften.

Aber auch der eigenen Zugkraft muss sich die EL in Budapest versichern. Mit der im September gegründeten »Allianz der Europäischen Linken für die Menschen und den Planeten« (ELA) ist ein weiteres Dach europäischer Parteien auf den Plan getreten. Dort will man sich auf Parteien konzentrieren, die auf EU-Ebene parlamentarisch verankert sind. Es geht um Strukturen und Ressourcen, Differenzen, auch auf nationaler Ebene, spielen mit hinein. EL-Präsident Walter Baier ist in Budapest darum bemüht, den Riss nicht zu vertiefen. Wichtig sei es, betont der Österreicher, dass alle linken Kräfte miteinander im Dialog blieben, um perspektivisch diese Spaltung überwinden zu können.

Im Gewerkschaftshaus überwiegt das Einigende. Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt wird für Deeskalation und Frieden geworben, die den Rüstungsindustrien dienliche Rolle des Westens kritisiert und der Einsatz von Gewalt durch Russland klar abgelehnt. Die Menschen in der Ukraine seien die Opfer eines Konflikts der Oligarchien. Keine Abstriche gibt es bei der Verurteilung der israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen und viele Teilnehmer in Budapest bekunden ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk.

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