Brombeer-Bund: Das steht im Koalitionsvertrag

CDU, BSW und SPD haben sich in Thüringen auf den Entwurf eines Koalitionsvertrages geeinigt. Wir stellen zentrale Punkte vor

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 5 Min.
Georg Maier (l-r, SPD), Katja Wolf (BSW) und Mario Voigt (CDU) stehen beieinander nach den Sondierungsgesprächen in der Erfurter Innenstadt.
Georg Maier (l-r, SPD), Katja Wolf (BSW) und Mario Voigt (CDU) stehen beieinander nach den Sondierungsgesprächen in der Erfurter Innenstadt.

Eines ist dieser Entwurf eines Koalitionsvertrages von CDU, BSW und SPD in Thüringen schon mal nicht geworden: kurz und bündig. Dabei hatte es während der Sondierungsgespräche zwischen den drei Parteien durchaus solche Überlegungen gegeben: Einen nur sehr kurzen Koalitionsvertrag aufsetzen und die Details der Vorhaben dann im weiteren politischen Geschäft klären. Die wichtigsten Punkte auf den insgesamt 126 Seiten des »Regierungsvertrags« für die Jahre von 2024 bis 2029 stellen wir folgend vor.

Zum Thema Frieden und Außenpolitik:

In der – bereits bekannten – Präambel des Vertrages heißt es, die künftige Regierung eine der Wille zum Frieden in Europa. Was an dieser Stelle fehlt, ist eine klare Ablehnung von weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine und ein klares »Nein« zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Das hatte die BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht in der Vergangenheit scharf kritisiert – und Nachverhandlungen zu diesem Themenkomplex gefordert.

Mit dieser Forderung war sie auch erfolgreich. Denn weiter hinten im Text des Entwurfs wird das Thema der Raketen nun noch mal aufgegriffen. Die CDU und SPD haben dabei Zugeständnisse an das BSW gemacht: »Wir erkennen an, dass viele Menschen in Sorge um die aktuelle geopolitische Lage und den Krieg in Europa sind und die Stationierung von Mittelstreckenraketen als eine fundamentale Veränderung der strategischen und militärischen Lage in Europa und auch in Deutschland begreifen. Eine Stationierung und deren Verwendung ohne deutsche Mitsprache sehen wir kritisch.«

Zum Thema Corona-Politik:

Die Koalitionäre wollen zumindest einen juristischen Schlussstrich unter die Folgen der Corona-Politik ziehen. So sollen »empfundene Ungerechtigkeiten« abgemildert und für Rechtsfrieden gesorgt werden. »Noch offene oder noch anhängige Bußgeldverfahren sollen nicht weiterverfolgt beziehungsweise deren Einstellung angeregt werden«, heißt es in dem Vertragsentwurf. Die drei Parteien wollen klären, ob es dafür ein Amnestie-Gesetz braucht.

Zum Thema Bildung, Schulen und Kindergärten:

Die mögliche Koalition plant verpflichtende Deutschtests für Kinder in deren fünftem Lebensjahr. So solle sichergestellt werden, »dass kein Kind sprachlich benachteiligt in die Schule startet«. Für Kinder mit Defiziten soll es im Kindergarten vor ihrer Einschulung ein verpflichtendes Vorschuljahr mit verbindlichen Förderangeboten geben.

Die potenzielle Brombeer-Koalition will darüber hinaus auf mehr Leistungsdruck an den Thüringer Schulen setzen. Leistung müsse »wertgeschätzt« werden, steht in dem Entwurf des Vertrages. »Deshalb werden wir die Versetzungsentscheidung ab Klasse 6 in jeder Klassenstufe einführen.« Bislang ist es in Thüringen für Schüler nicht möglich, in der fünften oder siebten Klasse sitzen zu bleiben, womit die geplante Neuregelung zu mehr Druck gegenüber den Jugendlichen führen wird. Leistungsbereitschaft soll ohnehin »von Beginn an« belohnt werden. »In diesem Zusammenhang werden wir in allen Klassenstufen Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung in den Zeugnissen verpflichtend verbal bewerten, und zwar in den Rubriken Mitarbeit und Verhalten.«

An Grundschulen stemmt sich das mögliche Bündnis gegen den Trend zur digitalen Nutzung. »Um die Lernbedingungen an den Grundschulen zu verbessern, setzen wir auf allgemeinverbindliche Nutzungseinschränkungen für Handys in der Kern-Schulzeit.« Ab der siebten Klasse sollen dafür »alle Schülerinnen und Schüler sukzessive je ein Tablet« erhalten.

Um Familien zu entlasten, sollen zum 1. August 2026 die Hortgebühren abgeschafft werden. »Ganztagsangebote wollen wir bis zum Ende der Klassenstufe 6 ermöglichen.« Ab dem 1. August 2027 stellen die möglichen Koalitionäre Familien mit Kindergarten- oder Schulkindern einen Zuschuss zu einem warmen Mittagessen in den Einrichtungen in Aussicht.

Zum Thema Migration und Sicherheitspolitik:

Grundsätzlich wollen CDU, BSW und SPD nach eigenen Angaben auf einen »Richtungswechsel in der Migrationspolitik« hinarbeiten. Konkret will das mögliche Bündnis die bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Suhl und Eisenberg schließen. Dass Thüringen eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge bauen will, ist bereits bekannt, der genaue Ort für diese Pläne nicht. In ihrem Entwurf für einen Koalitionsvertrag bekennen sich die drei Parteien nun dazu, Menschen, die aller Voraussicht nach kein Asyl in Deutschland bekommen werden, nicht auf die Kommunen zu verteilen – sondern eben in der Erstaufnahme des Landes unterzubringen.

Neu geschaffen werden soll dagegen eine zentrale Landesausländerbehörde, »die Aufnahme, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Integration und Rückführung bündelt«. Dadurch sollen auch Abschiebungen erleichtert werden. Außerdem soll die Bezahlkarte für Flüchtlinge landesweit eingeführt werden. Auch die Schaffung eigener Abschiebehaftplätze für ausreisepflichtige Ausländer ist geplant. Bislang nutzt Thüringen für solche Fälle einige wenige Haftplätze außerhalb des Freistaats.

Im Bereich der Polizei plant die Koalition die Einstellung von mindestens 360 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter in Thüringen jährlich, was etwas mehr Anwärter wären, als zuletzt eingestellt worden sind. Auch den Verfassungsschutz will das Brombeer-Bündnis stärken. Dazu heißt es im Koalitionsvertrags-Entwurf: »Wir schaffen den notwendigen Rechtsrahmen für den Zugriff des Verfassungsschutzes auf die Verkehrsdaten bekannter Extremistinnen und Extremisten, Gefährderinnen und Gefährder sowie Terrorverdächtiger. Zur Abwehr terroristischer Bedrohungen und von Cyberangriffen werden wir die Befugnis zu Online-Durchsuchungen nach richterlicher Anordnung einräumen.«

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