Destruktion als politisches Programm

Ein neuer Klassenkompromiss hat sich auf die Zerstörung von demokratischer Gesellschaft und der Zukunft des Planeten geeinigt

  • Daniel Keil
  • Lesedauer: 12 Min.
Wagnis und Kapital: Javier Milei geht mit der Kettensäge gegen den Sozialstaat vor, Elon Musk schießt Raketen in den Weltraum.
Wagnis und Kapital: Javier Milei geht mit der Kettensäge gegen den Sozialstaat vor, Elon Musk schießt Raketen in den Weltraum.

Vielleicht sollte man in Deutschland ein »kleines bisschen mehr Milei oder Musk wagen«, verkündete der ehemalige Finanzminister Christian Lindner in einer Sendung von Caren Miosga. Einerseits war die Empörung darüber groß, denn ein positiver Bezug auf den argentinischen Präsidenten und den Trump-Unterstützer Elon Musk hätte kaum noch etwas mit liberalen Werten zu tun. Andererseits wurde Lindner auch gegen seine Kritiker*innen verteidigt. Im »Spiegel« etwa kommentierte Ursula Weidenfeld, dass Lindner im Prinzip recht habe, aber man in Deutschland keine Kettensäge für Bürokratieabbau und Innovationsschub bräuchte; es reiche aus, ordentlich zu sparen und frei werdende Stellen nicht zu besetzen. Und wenig überraschend sprang auch die »Bild«-Zeitung Lindner zur Seite, indem sie einen Angriff auf den »ARD«-Journalisten Georg Restle startete, der Lindners Aussage »rechtslibertär und autoritär« nannte.

Trotz aller vermeintlichen oder tatsächlichen Widersprüche zwischen liberaler Gesinnung, autoritären Aspirationen und kapitalistischer Marktradikalität trägt das Wagnis mit »Milei und Musk« eine bedeutende Signatur der gegenwärtigen Krisenkonstellation. Es zeigt sich daran, wie sich unterschiedliche Fraktionen zu einem neuen (Klassen-)Kompromiss formiert haben. Worauf sich Neoliberale, Libertäre und Faschisten geeinigt haben, ist der Mehrwert der Zerstörung.

Disruptiver Umbau des Staates

Javier Mileis Politik wird in ihrer vermeintlichen Vorbildfunktion verkürzt auf Sparmaßnahmen, die nötig seien, um den argentinischen Staatshaushalt zu sanieren und die Inflation zu stoppen. Eine solche Relativierung ist eine altbekannte neoliberale Strategie, um Haushalts- und generell ökonomiepolitische Entwicklungen zu entpolitisieren und aus der Sphäre der Politik herauszutrennen. Austerität ist dann weniger ein politisches Programm als ein Sachzwang. Kritik an diesen Entwicklungen kann dann als Ideologie gebrandmarkt werden. So funktioniert auch die empörte Zurückweisung der Erkenntnis, dass es zahlreiche Verbindungen zwischen autoritär-libertären, neoliberalen und (neo)faschistischen Politiken gibt.

Ein Beispiel für diese Verbindungen ist die Ablehnung von Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels. Milei antwortete kürzlich in einem Interview des »Economist«, dass Besorgnis über den Klimawandel nichts anderes sei als »kultureller Marxismus«. In diesem Zusammenhang erklärte er auch, dass er den Staat verachte. Gemeint sind damit offensichtlich nur jene Teile des Staates, die seiner eigenen Agenda im Wege stehen: das abgeschaffte Umweltministerium, staatliche Bildungseinrichtungen wie Universitäten oder Sozialhilfeprogramme. Denn Mileis Kahlschlagpolitik – die Armutsquote in Argentinien ist auf über 50 Prozent gestiegen – muss autoritär abgesichert werden. Durch Verschärfungen von Versammlungsgesetzen und ausgeweitete Rechte für die Polizei.

Die angebliche Verachtung des Staates entpuppt sich viel eher als sein autoritärer Umbau. Und dieser erfolgt mittels Disruptionen. Disruption wurde unlängst zu einem Leitmotiv politischer Krisenbearbeitung, obwohl der Begriff ursprünglich aus unternehmerischen Zusammenhängen stammt. Gemeint ist damit vor allem, dass reale oder vermeintliche Verkrustungen schockartig aufgebrochen werden sollen. Ähnliche Disruptionen können von Donald Trump und Musk erwartet werden, die allerdings noch viel weitreichendere Folgen auf die globale Situation haben werden. Auch für Christian Lindner steht fest, dass »etwas Disruption (…) unserem Land guttun« würde, wie es in einer Mitteilung der FDP heißt.

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Dies allein als ideologische Wahlkampfmanöver einer neoliberalen Partei im Sturzflug abzutun, würde den weitaus größeren Zusammenhang verkennen. Sowohl der Kahlschlag in Argentinien, die angekündigten autoritären Umbauten der USA als auch die politischen Krisen in der EU verweisen auf eine Transformation der globalen Krisenkonstellation, die eine enorme Veränderung der Klassenverhältnisse ebenso einschließt wie Verschiebungen im Verhältnis von Staat und Gesellschaft. Es zeichnen sich Konturen einer neuen autoritären Konstellation ab, die tendenziell langfristige Reproduktionsinteressen und -perspektiven zerstört. Herrschaft funktioniert dabei nicht mehr über die Bildung von Hegemonie – also die vermachtete Kompromissfindung zwischen herrschenden und subalternen Klassenfraktionen auf eine prinzipiell offene Zukunft hin. Stattdessen wurde die Zukunft aufgegeben und die Zerstörung von Gesellschaft und Umwelt in die Gegenwart geholt, in der Banden die Profite dieser Destruktion unter sich aufteilen.

Der Staat der Rackets

Diese politischen Entwicklungen und Erfolge disruptiver Politiken sind nur vor dem Hintergrund der multiplen Krise kapitalistischer Vergesellschaftung zu verstehen. In gewisser Weise ähnelt die Situation jener zu Beginn der 30er Jahre. Diese führte damals im exilierten Institut für Sozialforschung zur Diskussion, ob sich eine neue Form des Kapitalismus herausgebildet habe, nämlich ein Staatskapitalismus. Auch wenn das Staatskapitalismus-Konzept innerhalb des Instituts für Sozialforschung umstritten blieb, erfasste es den Zusammenhang eines allgemeinen Wandels kapitalistischer Herrschaft mit der Entwicklung faschistischer Ausnahmestaaten. In diesem Zusammenhang entwickelte Max Horkheimer eine Racket-Theorie, die der Staatstheoretiker Joachim Hirsch jüngst zu aktualisieren versuchte. Die Theorie gehe kurz gesagt davon aus, dass Herrschaft von bandenähnlichen kriminellen Gruppen – die sowohl herrschende als auch subalterne Klassenfraktionen umfassen – ausgeübt wird und der Staat darüber seine relative Autonomie auch gegenüber den herrschenden Klassen verliert, die somit unmittelbareren Zugriff auf politische Entwicklungen erhalten.

Eine solche Dynamik zeigt sich am geplanten Departement of Government Efficiency, das von Elon Musk und Vivek Ramaswamy geleitet werden soll und Kürzungen im Staatshaushalt von zwei Billionen Dollar vornehmen will. Diese Form des unmittelbaren Zugriffs auf den Staat wird begleitet von einer im Projekt 2025 propagierten Schwächung von Gewerkschaften und einer Aufhebung von Umweltschutzmaßnahmen zum Zwecke des Ausbaus fossiler Energiegewinnung. In diesem Dreiklang – Krisenbearbeitung durch disruptive Kürzungen des Staatshaushaltes, Schwächung der Arbeiter*innenklasse und Festigung der Machtposition des fossilen Kapitals – finden sich neoliberale Akteur*innen ebenso wieder, wie Teile neofaschistischer Bewegungen, das fossile Kapital und jene privaten Kapitalbeteiligungen des sogenannten Wagniskapitals (Venture-Kapital).

Diese Akteurskonstellation entspringt aus der politischen Krise, aus den eklatanten Widersprüchen zwischen den Klassenfraktionen und dem gegenwärtigen Scheitern, mit dem »Green Deal« ein neues hegemoniefähiges Zukunftsprojekt zu entwickeln. Diese Situation wird befeuert von einem drastischen Umbruch der globalen Ordnung, in der demokratische Ideen ihre Plausibilität verloren haben. Zwischen Neoliberalen, Venture- und fossilem Kapital sowie neofaschistischen Elementen entsteht eine neue Form des Kompromisses, der darauf zielt, langfristige Kapitalverwertungsinteressen zugunsten kurzfristiger Profite aus disruptiven Praktiken aufzugeben. Dadurch wird die zerstörerische Dynamik der Gegenwart auf Dauer gestellt und jede Form gesellschaftlicher Zukunft davon abgespalten. Die Akteure der Disruption haben sich demnach auf Zerstörung geeinigt.

Neue Krisenformation

Diese neue Krisenformation hat eine materielle Grundlage und ist Ausdruck von Verschiebungen im globalen Verwertungszusammenhang des Kapitals. Seit der einsetzenden Überakkumulationskrise Ende der 60er Jahre wurde gegen diverse Widerstände ein neoliberaler Umbau von Staat und Ökonomie vollzogen, dessen Ergebnis es unter anderem war, den Überfluss an Kapital durch neue Verwertungsmöglichkeiten zu bearbeiten. Weitreichende Privatisierungen öffentlicher Infrastrukturen oder gesellschaftlicher Vorsorgeeinrichtungen wie Rente oder Gesundheit bei gleichzeitigem Abbau von sozialer Infrastruktur und Deregulierung von Kapitalströmen verwoben sich mit der Einschränkung politischer Gestaltungsmöglichkeiten. Die Festschreibung von Schuldenbremsen in Verfassungen ist ein deutliches Zeichen dieser Dynamik. Damit ging auch eine kontinuierliche Senkung der Lohnquote als Ausdruck einer strukturellen Schwächung der gesellschaftlichen Macht von Arbeiter*innen einher. Dies führte jedoch nur zu weiteren Verschärfungen der Krise, in der durch den Klimawandel zudem die Notwendigkeit offensichtlich wurde, eine Veränderung der (Re-)Produktionsstruktur vorzunehmen. Doch alle Versuche, ein neues hegemoniales Projekt als »grünen Kapitalismus« zu entwickeln, sind gescheitert.

In dieser Situation entstand eine spezifische Kapitalfraktion, die trotz ihrer relativ geringen Größe einen enormen Einfluss hat: das Venture-Kapital. In dessen Akkumulationsstrategie zeigt sich, dem Politikwissenschaftler Mark Howard zufolge, eine spezifische Modifikation der allgemeinen Kapitalakkumulation. Marx analysierte, dass das vorgeschossene Geldkapital im Zusammenspiel von Produktionsmitteln/Rohstoffen und Arbeitskraft durch letztere einen Mehrwert erzeugt, der sich auf dem Markt als vermehrte Geldmenge realisieren muss. Venture-Kapital ist nun auch vorgeschossenes Kapital, vor allem im Hi-Tech- und Digital-Start-up-Bereich, das darauf zielt, den Unternehmenswert schon in der Phase der Entwicklung – vor der Wertrealisierung auf dem Markt – möglichst zu vergrößern. Zentral dabei ist die sogenannte Exit-Strategie des vorgeschossenen Kapitals, mit der die Investor*innen zu einem Zeitpunkt vor der tatsächlichen Realisierung des Mehrwerts die Unternehmung mit Profit verlassen.

Dadurch entsteht eine spezifische Zeitlichkeit: Im Exit-Punkt ziehen sich die Zukunft und die Gegenwart zusammen, während die tatsächliche Realisierung in eine unbestimmte Zukunft gelegt ist. Das Unternehmen wird vor dem Exit aufgewertet, indem die Produktidee (digital, biotechnisch etc.) durch eine mögliche, aber imaginäre Notwendigkeit in der Zukunft gerechtfertigt wird. Diese Vision wirkt dann als irreale Zukunft in der Gegenwart. Gleichzeitig wird aber jegliche Änderung der Zukunft verunmöglicht. Im Ergebnis verfestigt sich so die gegenwärtige Krisenspirale. Es ist eine Art Inwertsetzung der Krise selbst. Diese Logik wird zunehmend bedeutsam in der Reproduktion des Kapitals.

Die faschistische Referenz

Es treffen sich dabei Interessen des Venture-Kapitals mit denen des fossilen Kapitals. Denn gerade im Hi-Tech- und Digitalsektor werden riesige Mengen an Energie benötigt. Für Künstliche Intelligenz, Blockchain und Cryptowährungen bedarf es zunehmend enormer Energieressourcen – ebenso wie vermehrt seltene Erden und andere Rohstoffe für Computer gebraucht werden. Das fossile Kapital kämpft zudem gegen seine Entmachtung und die Umstellung auf erneuerbare Energien. Eher kurz- als langfristig bedeutet die Verwendung und gar der Ausbau fossiler Energien eine Kappung von potenzieller Zukunft, denn er bedingt die Beschleunigung der Zerstörung von Lebensgrundlagen. Fossiles Kapital trifft sich in der Wendung auf kurzfristige Profitinteressen mit der Zeitlichkeit des Wagniskapitals. Um die auf Kurzfristigkeit angelegte Krisenakkumulation aufrechtzuerhalten, müssen die Interessen anderer Akteur*innen möglichst von politischen Entscheidungen ausgeschlossen beziehungsweise zurückgedrängt werden. Institutionen gesellschaftlicher Vermittlung wie Parlamente, Bildungseinrichtungen, soziale Infrastrukturen, eine unabhängige Justiz – also Punkte, an denen sich andere Interessen wirkmächtig artikulieren können – sind dabei den Angriffen und autoritären Umbauvorhaben ausgesetzt. Im Zerstörungskompromiss treffen sich also politische und ökonomische Vorstellungen.

Das Venture-Kapital produziert die Zukunft als vollendete Tatsache in der Gegenwart und schreibt Zukunft und Gegenwart im Punkt des Exits fest. Gleichzeitig werden von den Protagonist*innen Technikmythologien aufgebaut, die behaupten, dass neue noch zu entwickelnde Technologien irgendwann – in einer von den realen Prozessen entkoppelten Zukunft – alle Probleme lösen werden. Doch die konkreten Träume von Marsbesiedelung, schwimmenden Städten oder der Verschmelzung des Menschen mit KI und Internet zeigen, dass selbst wenn es zu einer Realisierung kommen sollte, diese Technologien nur wenigen Menschen zugänglich wären.

Es ist kein Wunder, dass Protagonist*innen des Venture-Kapitals wie der CEO von OpenAI, Sam Altmann, einerseits an eine Art Erlösungsfantasie durch die KI glauben und zugleich als Prepper einen eigenen Bunker mit Vorräten für eine Endzeitkrise zur Verfügung haben. Marc Andreessen, Software-Unternehmer und Investor, schreibt in einem »techno-optimist Manifesto«, dass Technologie alle Probleme lösen werde und dass es darum gehe, die Energieproduktion zu vervielfachen: »Wir sollten jeden auf das Energieverbrauchsniveau bringen, das wir haben, dann unsere Energie um das 1000-Fache erhöhen und dann die Energie aller anderen ebenfalls um das 1000-Fache steigern.«

Technologie als Heilsbringer zu mystifizieren findet sein Echo in der Rede von der »Technologieoffenheit« liberaler und konservativer Politiker*innen. Andreessen geht noch etwas weiter und bemüht in direktem Zitat das »Futuristische Manifest« von 1909, das eine ideologische Wegmarke des Faschismus darstellte. Darin wird das Zerstörungspotential moderner Technik glorifiziert und mit antimodernen Ressentiments – insbesondere Misogynie – verbunden. So ziehen sich antimoderne und autoritäre Aspekte der Moderne mythisch in der Gegenwart zusammen.

Die faschistische Referenz ist kein Zufall. Neurechte und faschistische mythische Zeitvorstellungen weisen eine ähnliche Struktur auf. Dort soll eine ursprüngliche Ordnung, die von der modernen Gesellschaft zersetzt werde, in einer nicht näher bestimmten Zukunft wieder hergestellt werden – indem diese Zukunft in Gewalt und Disruption der Gegenwart verdichtet wird. Das heißt: Die faschistische Tat, die gewaltsame politische Disruption selbst ist das Ziel, die mythische Zukunft der Vergangenheit existiert nur durch die gegenwärtige Tat. Neofaschist*innen, Autoritär-Libertären wie Milei, politischen Akteur*innen wie Trump, Wagniskapitalist*innen wie Andreessen und mit Abstrichen auch Neoliberalen wie Lindner (der allerdings noch auf die Rede vom kulturellen Marxismus verzichtet) ist eines gemeinsam: die Vorstellung, dass Gesellschaft, Planung und politisch-demokratische Aushandlung über Reproduktion und gesellschaftlichen Reichtum widernatürliche Eingriffe eines überall lauernden Kommunismus seien. Wer Gesellschaft solidarisch organisieren möchte, verstoße gegen die »natürliche Ordnung« und die Evolution. Jene Naturalisierungen von gesellschaftlichen Prozessen werden sowohl in neoliberale Vorstellungen einer »spontanen Ordnung« (Hayek) als auch durch faschistische Ursprungsmythen im Projekt der Zerstörung aktualisiert.

Vermittlungs- und verantwortungslos

In der Entbindung der Gegenwart von der Zukunft bei gleichzeitiger Mystifikation der gesellschaftlichen Natur liegt die Attraktivität und Wirkmächtigkeit, wenn die Entfesselung von gesellschaftlicher Gewalt als Freiheit behauptet wird. Und hier muss man auch die Gründe suchen, warum Arbeiter*innen ebenso eine Fraktion des Zerstörungskompromisses bilden. Klassentheoretisch zielen autoritäre Strategien, die Arbeiter*innen adressieren, auf eine Desorganisation der Klasse, eine fragmentarische Anrufung und auf eine Verhinderung der Analyse der Veränderungen in den Klassenbeziehungen. Die strukturell geschwächte und politisch fragmentierte Arbeiter*innenschaft wird selektiv in die autoritäre bis faschistische Herrschaftsstrategie reintegriert.

Das Befreiungsversprechen, das darin wirksam wird, besteht erstens in der Erlösung von Verantwortung für die Zukunft und damit auch in der Befreiung von der Zukunft selbst. Es entsteht eine radikale Gegenwart, die zweitens eine Befreiung von gesellschaftlichen Sanktionen für die Ausübung unmittelbarer Gewalt verspricht. Die Verheißung besteht in der Entfesselung der gesellschaftlichen Natur des – vor allem männlichen – Subjekts: Teilhabe an willkürlicher Macht, patriarchale Gewalt ohne gesellschaftliche Sanktion, mythischer Glaube an Technik. Die Befreiung von der Zukunft ist eine Art Rauschversprechen.

Verschiedene Dimensionen der Zerstörung werden in dem Kompromiss von (Post-)Neoliberalismus, Fossilismus, Venture-Kapital und Neofaschist*innen sichtbar. Politisch wird der Einfluss subalterner Klassen auf den Staat, der zugleich immer repressiver wird, zerstört. Der Ausschluss subalterner Interessen wird durch eine fragmentiert-selektive Reintegration autoritärer Teile der Arbeiter*innenschaft begleitet, und zwar über ein Versprechen der Befreiung von Zukunft und Teilhabe an willkürlicher Gewalt. Ökonomisch ist es die Ausrichtung der gesamten Reproduktion auf kurzfristige Interessen von fossilem und Venture-Kapital, die jeweils langfristige Interessen aufgeben und die katastrophale Gegenwart auf Dauer als Zukunft festschreiben wollen. Diese Strategie ist gleichbedeutend mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen auf diesem Planeten.

Schließlich meint die Zerstörung auf einer gesellschaftlichen Ebene, dass insbesondere Institutionen gesellschaftlicher Vermittlung angegriffen und zerstört werden. An ihre Stelle treten Ressentiments, Feindbilder und Gewalt. Es ist die Zerstörung von offenen Zukünften solidarischer Aushandlung über die Reproduktionsformen der Menschheit. Linke Gegenstrategien stehen vor der Herausforderung, adäquate Begriffe zur Analyse dieser neuen Konstellation zu finden und Ideen für eine nachhaltige Reproduktion jenseits des Katastrophenkapitalismus zu entwickeln, die in solidarischer Praxis wieder die Tür zu einer offenen Zukunft finden können.

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