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DJ Mao Pornostar

Wer sein Geld mit Pornos verdient, hat es in anderen Branchen schwer. In Japan können Pornostars wie Mao Hamasaki auch im Zweitjob Karriere machen

  • Felix Lill
  • Lesedauer: 7 Min.
Wer akrobatische Sexstellungen beherrscht und so ehrgeizig ist wie Mao Hamasaki, der kann auch das DJ-Handwerk lernen.
Wer akrobatische Sexstellungen beherrscht und so ehrgeizig ist wie Mao Hamasaki, der kann auch das DJ-Handwerk lernen.

Wenn Mao Hamasaki eine Referenz aus der Welt der Anime in ihre Songs mischt, rastet das Publikum regelmäßig aus. Eine Stelle, auf die die tanzende Menge bei Hamasakis Auftritten immer schon wartet, lautet so: »Kaamee! Haamee! Haa!« Die ganze Halle schreit dann mit, reißt die Hände in die Luft, jubelt. Und Mao Hamasaki, die schlanke Frau am Mischpult, lacht, winkt, mixt weiter.

Den Schlachtruf »Kamehameha!« kennt weltweit wohl jeder Fan von Anime, der extrem populären japanischen Zeichentrickkultur. Er ertönt immer dann, wenn Songoku, der Protagonist der sehr erfolgreichen Serie »Dragonball«, in einem seiner Kämpfe zum Schlag ansetzt. Und Mao Hamasaki hat diesen Ruf längst auch zu ihrem Markenzeichen gemacht. Wo sie einen Klub oder eine Konzerthalle betritt, schreit es irgendwann auch: »Kamehameha!«

»Die Leute lieben das irgendwie«, sagt die 31-Jährige an einem regnerischen Nachmittag in einem Café in Tokio. Vor allem außerhalb Japans gefielen ihren Fans die Referenzen zur japanischen Popkultur. »Überall auf der Welt schauen die Leute ja Anime, man ist damit groß geworden. Und diese ganzen Jingles und Ausrufe, die in den Serien vorkommen, haben oft auch etwas Melodisches. Deswegen kommt das gut an.«

So gut, dass Mao Hamasaki regelmäßig auf der Straße angesprochen wird – selbst dann, wenn sie nicht ihr flashiges Outfit von heute trägt: Eine rosa-silbrig schimmernde Bomberjacke mit der Aufschrift »DJ Mao.« Wobei man meinen könnte, für jemanden wie diese Frau sei es gar nichts Besonderes, auf der Straße erkannt zu werden. Immerhin folgen ihr auf Instagram fast eine halbe Million Menschen.

Aber für die japanische DJ ist es das Wie, auf das es ankommt. In letzter Zeit seien es nämlich vor allem Frauen, die sie ansprechen und fragen, ob sie DJ Mao sei. »Und dann schwärmen sie oft von meiner Musik.« Ihre 462 000 Followerinnen und Follower allein auf Instagram hat DJ Mao, die derzeit zu den beliebteren Discjockeys Japans gehört, schließlich längst nicht nur durch ihre Musik.

Bis vor wenigen Jahren war die Frau mit kurzen, blond gefärbten Haaren und fast immer lachenden Augen vor allem für die vielen Filme bekannt, in denen sie aufgetreten ist. Hunderte sind es über die letzten 14 Jahre gewesen. In fast allen hat sie Sex. Neben ihrer Tätigkeit als Musikerin ist Mao Hamasaki eine der beliebtesten Pornodarstellerinnen Japans.

Ihren ersten Film machte Hamasaki mit 18, nachdem sie von einem Scout angesprochen worden war. »Als junge Frau wollte ich einfach mehr Geld haben. Dann dachte ich mir, ich schaue mir das Ganze mal an«, erinnert sie sich und schmunzelt. »Das Studio, das mir gezeigt wurde, war viel sauberer und aufgeräumter, als ich es mit den Klischees, die man so hat, erwartet hätte.« Sie sei neugierig geworden. »Und dann machte es mir auch Spaß.«

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Im Pornogeschäft hat Mao Hamasaki über die Jahre so ziemlich alles gemacht, was man machen kann, sagt sie. Und sie bereue nichts davon. »Ich habe unendlich viel über Menschen und die menschliche Psychologie gelernt«, erzählt Hamasaki, während ihr Manager, der nur für ihre musikalische Vermarktung zuständig ist, neben ihr sitzt und aufmerksam zuhört.

»Sexualität ist wirklich etwas Faszinierendes.« Denn die Dinge, die Menschen in Wallungen bringen können, seien individuell völlig verschieden, kennen aber keine Grenzen. Ähnlich wie in der Musik: Die einen mögen Jazz, die anderen Techno, wieder andere Schlager oder nur ASMR (Musik, die eine Art Kopfkribbeln verursacht). »Beim Sexuellen ist das ähnlich. Ich habe schon Filme gedreht, in denen ich bloß mit meinen Zehen wackle. Oder in denen ich nur meine Achseln zeige.«

Die Pornobranche sei viel besser als ihr Ruf, sie fühle sich gut aufgehoben, sagt Hamasaki. »Ich kann immer ablehnen, wenn ich etwas nicht machen möchte.« Aber wie in jedem Job sei man früher oder später bereit für neue Herausforderungen. »Irgendwann, nach ein paar Jahren, hat man alles einmal gemacht. Und dann schaut man sich vielleicht mal um, was man noch so machen könnte.«

Für Mao Hamasaki war der Punkt kurz vor der Pandemie erreicht. Und als Pornodarstellerin sei sie in anderen Branchen nicht etwa ein rotes Tuch gewesen. Eher im Gegenteil. Nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten musste sie gar nicht lange suchen. Eine für sie folgenreiche Gelegenheit kam von selbst, als sich ein Eventveranstalter aus Singapur einen Scherz erlaubte – und Hamasaki einlud, bei einem Konzert auf einem Schiff Musik aufzulegen.

Ein Pornostar macht Musik? Mao Hamasaki muss laut auflachen, als sie daran zurückdenkt. »Der Veranstalter dachte sich natürlich, das kann nur gut ausgehen: Keiner hat musikalische Erwartungen an mich, aber alle wollen sehen, wie ein Pornostar auflegt.« So war die Show, für die der Pornostar Mao Hamasaki angekündigt war, im Voraus ausverkauft. »Und ich war dann auch wirklich schlecht. Ich hatte ja keine Erfahrung.«

Aber diese neue Erfahrung im Spotlight machte sie ehrgeizig. So wie man akrobatischen Sex vor der Kamera lerne, könne man eben auch im Auflegen gut werden. Das dachte sich auch der Musikproduzent Yami, ein ruhiger Mann aus Hongkong, der heute neben ihr sitzt und ihren Terminkalender managt. »Als ich von Mao hörte, dachte ich: Die muss man trainieren. Das könnte großartig werden.«

Hamasaki begann sich ihr Leben zwischen Hongkong und Tokio aufzuteilen. Sie lernte von DJs, die Yami kannte, lernte außerdem Mandarin. Und das alles mit Erfolg. Heute tritt DJ Mao weltweit auf, von London über Hongkong bis Tokio, füllt Säle für 400 bis 4000 Leute. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil sie parallel ihre Karriere als Pornodarstellerin weiterverfolgt und diese auch nicht verbirgt.

»In vielen asiatischen Ländern sieht man Pornodarstellende eher als Künstler. Das beobachten wir auch in Südostasien.«

Yami Manager

In westlichen Ländern ist so etwas bisher nur schwer möglich. Das sagt Paulita Pappel, Pornoproduzentin und Autorin des 2023 bei Ullstein erschienen Buches »Pornopositiv«, aus Erfahrung: »Wenn Schauspielende oder Personen aus der Musik mal Pornos gemacht haben, fallen ihre Branchen danach oft diskriminierend auf. Schauspielende erhalten zum Beispiel keine Rollen mehr, oder nur noch solche mit Nacktheit, und werden nicht mehr ernst genommen.«

Pornos sind im Westen oft Karrierekiller in anderen Branchen. Die gebürtige Spanierin Pappel sieht hier die christliche Prägung als wichtigen Grund: denn die tabuisiere Sex als bloße Unterhaltung bis heute. Aber im kaum christlichen Japan und auch in anderen Ländern Ost- und Südostasiens ist dies anders. In Japan etwa geben Menschen nicht nur zu, Pornos zu konsumieren, sondern tauschen sich unter Freunden auch mal über ihre Lieblingsstars und -genres aus.

So bestehe für Pornodarstellende mehr Respekt als in westlichen Ländern, glaubt Mao Hamasakis Manager Yami: »In vielen asiatischen Ländern sieht man Pornodarstellende eher als Künstler. Das beobachten wir auch in Südostasien.« Mao Hamasaki habe ihre Pornokarriere am Anfang sogar dabei geholfen, ins Musikgeschäft einzusteigen. »Das Profil des DJs ist heute sehr anspruchsvoll. Man muss gleichzeitig gut tanzen und entertainen können. Mao hatte gleich eine Art Alleinstellungsmerkmal.«

Dass Aktivität in Pornos eine Karriere in Japan nicht zerstören muss, haben auch schon andere Personen erlebt – zum Beispiel der Baseballspieler Kazuhito Tadano. Im Jahr 2004 war das Toptalent in die USA gewechselt, zur weltweit führenden Baseballliga. Als dann herauskam, dass er in einem schwulen Porno mitgespielt hatte, stockte seine sportliche Laufbahn in den USA.

Später kam Tadano wieder zu neuen Engagements. Heute ist er Teil des Trainerstabs der Nippon Ham Fighters aus Sapporo, einem Topklub in Japan. Mao Hamasaki – mittlerweile fast besser bekannt als DJ Mao – kennt die Geschichte von Tadano. Sie habe ihr damals Mut gemacht. Wobei selbst sie sagt: »In den letzten Jahren habe ich versucht, mich bei Konzerten nicht zu sexy anzuziehen, damit ich für meine Musik gewürdigt werde und nicht für mein Aussehen.«

Es passiere auch immer noch, dass sie von Veranstaltern gefragt werde, ob sie nach ihrem Auftritt nicht noch mit dem Boss ins Hotel gehen würde. »Das gefällt mir nicht.« Das Gute wiederum: Mao Hamasaki wird auch dann gebucht, wenn sie solche Anfragen ablehnt. Denn in Japan ist sie heute eben auch als Musikerin heiß begehrt.

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