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Das ungelöste Inflationsproblem
Preise in Deutschland steigen im Dezember um 2,6 Prozent
Das neue Jahr beginnt mit unangenehmen Nachrichten: Der Lebensunterhalt in Deutschland ist deutlich teurer geworden als vorhergesehen. Die Inflation stieg im Dezember auf 2,6 Prozent, so das Statistische Bundesamt am Montag auf Basis vorläufiger Zahlen. Die Schnellschätzung des europäischen Statistikamtes Eurostat vom Dienstag kommt sogar auf 2,8 Prozent. Was beides weit über den Erwartungen vorab befragter Volkswirte liegt.
Die Gründe für den Anstieg sind vielfältig. Im Dezember trieben vor allem die Kosten für Energie und Nahrungsmittel das Preisniveau. Hinzu kommen stark steigende Preise für Dienstleistungen, die wiederum von kräftigen Lohnerhöhungen in arbeitsintensiven Branchen getrieben werden. Auch ein statistischer Basiseffekt spielt eine Rolle: Im Dezember 2023 waren die Energiepreise stark gefallen, was im Vorjahresvergleich für den Dezember 2024 einen stärkeren Anstieg ergibt. Insgesamt sind die Kosten für die Lebenshaltung seit dem Jahr 2020 um rund 20 Prozent gestiegen.
Die Inflation belastet nicht allein die privaten Haushalte, sondern hat auch negative wirtschaftliche Folgen. Da sich die Verbraucher trotz steigender Nettoeinkommen angesichts des erhöhten Preisniveaus und der unsicheren geopolitischen Lage beim Konsum zurückhalten, fehlt es der Volkswirtschaft in Deutschland und der Europäischen Union an Nachfrage. Zugleich belasten die höheren Kosten für Energie und Dienstleistungen auch die Unternehmen. Für dieses Jahr rechnen Volkswirte daher bestenfalls mit einem minimalen Wachstum.
Auch im Januar dürfte die Teuerung hoch bleiben, erwarten die Volkswirte der Commerzbank. Dafür sorgen zahlreiche Preiserhöhungen zum Jahresbeginn. So erhöhen sich unter anderem der CO2-Preis für Verkehr und Wärme, und die Preise für Versicherungen legen zu.
Auch in Europa steigen die Preise schneller als erwartet. Die jährliche Inflation im Euroraum betrug im Dezember 2,4 Prozent, gegenüber 2,2 Prozent im November. An der Spitze mit über 4 Prozent liegen Belgien und Kroatien. Frankreich schneidet aufgrund günstiger Energiepreise mit 1,8 Prozent verhältnismäßig gut ab. Dies geht aus einer Eurostat-Schnellschätzung hervor.
Insgesamt dürften diese Zahlen die Europäische Zentralbank (EZB) kaum bestärken, ihre Leitzinsen weiter schnell zu senken, wie es keynesianische und andere linke Ökonomen befürworten. Niedrige Zinsen könnten die europäischen Volkswirtschaften ankurbeln, so die Hoffnung. Das Aufflackern der Inflation – die Zielmarke der EZB liegt mittelfristig bei 2 Prozent – könnte Hoffnungen auf ein kräftiges Wachstum zunichtemachen. Noch erwartet allerdings die Mehrheit der Experten, dass sich die Inflation wieder in Richtung der Marke von 2 Prozent bewegen wird – vor allem wegen der schwachen Konjunktur.
Allerdings dürfte das Inflationsproblem damit nicht nachhaltig gelöst sein. Da ist zum einen die Deglobalisierung. Seit den 90er Jahren hatte die Globalisierung dazu geführt, dass in Schwellenländern viele Industrieprodukte, Rohstoffe und Nahrungsmittel billig hergestellt und in den Globalen Norden exportiert wurden. Dies führte zu niedrigen Preisen auch in Deutschland. Ein weiterer Faktor, der mittelfristig für dauerhaft hohe Inflationsraten sorgen könnte, ist die Demografie. Junge Arbeitskräfte werden knapp, was zu höheren Löhnen und damit zu höheren Preisen führen könnte. Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Kosten für Gesundheit und Pflege.
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