Milliarden Gründe

Dass Milliardäre so komisch geworden sind, liegt einzig an den Nicht-Reichen, ist Andreas Koristka überzeugt

US-Wahlkampf in Butler (Pennsylvania) im Oktober 2024: Musk springt seinem Freund Trump bei.
US-Wahlkampf in Butler (Pennsylvania) im Oktober 2024: Musk springt seinem Freund Trump bei.

Früher konnte man sich auf Milliardäre verlassen. Sie taten viel Gutes für die Gesellschaft. Aristoteles Onassis kümmerte sich höchstpersönlich um die Witwe von John F. Kennedy, damit diese abends nicht alleine vor dem Fernseher sitzen musste. Die Albrecht-Brüder machten den Kaffee billig und Theo Müller hielt die Deutschen physisch und psychisch auf Trab, als er ihnen anfeuernd zuriefen ließ: »Ganz Deutschland nur das eine tut, es sucht die Müllermilch, die muht«.

Jeder Milliardär war ein bisschen anders, aber alle taten sie ihr Bestes, um unser soziales Miteinander und die freiheitliche demokratische Grundordnung zu stützen. Milliardäre achteten alle arbeitenden Menschen und halfen überall tüchtig mit. Das Streben nach Geld und Macht war ihnen völlig fremd. Wenn eine Oma in die Straßenbahn stieg, dann standen sie auf und boten ihr den Platz an – so edel, hilfreich und gut waren sie.

Aber in den letzten Jahren scheinen sich die Milliardäre verändert zu haben. Die Stimmung unter ihnen ist gekippt. Plötzlich sind es die einst tadellosen Superreichen, die Donald Trump nach dem Munde reden, die AfD hofieren und die gesamte Welt und das Universum unterjochen wollen. Warum fühlen sie sich gezwungen, so hemmungslos durchzudrehen? Die einzige vernünftige Antwort darauf ist: Die Durchschnittsverdiener und Unterdurchschnittsverdiener haben sie dazu gebracht. Sie sind nämlich nicht eingeschritten, als sich die westlichen Demokratien in totalitäre Regulationsstaaten mit Arbeitsschutzbestimmungen und gesetzlich festgelegten Mittagspausen transformierten.

Andreas Koristka
Autorenfoto von Andreas Koristka am Donnerstag, den 10. Oktober ...

Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.

Es waren Nicht-Milliardäre, die Milliardäre vor ihrem schweren Schicksal hätten bewahren können. Irgendwann werden uns unsere Kinder fragen, was wir getan haben, als Elon Musk die 25 000 Seiten Papier ausdrucken musste, die nötig waren, um sein Tesla-Werk in Grünheide zu eröffnen. Wir werden uns fragen lassen müssen, warum wir es zuließen, dass der Inhaber der Müller-Molkerei in die Schweiz umziehen musste, um dort seine Freundschaft mit Alice Weidel zu pflegen, warum wir keinen Tesla kauften und nicht noch viel mehr bei Amazon bestellten.

Wir Nicht-Reichen haben diese Menschen in die Arme von Extremisten getrieben! Das ist doch furchtbar! Anstatt unbezahlte Überstunden zu leisten, waren wir es, die sich schon ab dem ersten Tag der Magen-Darm-Grippe krankschreiben ließen. Wir tanzten diesen edlen reichen Menschen auf der Nase herum, denn wir genossen einen gewissen Kündigungsschutz. Wir machten ungewöhnlich lange Toilettenpausen, klauten Druckerpapier und verwohnten die Büros.

Wie muss sich ein Milliardär fühlen, wenn er weiß, dass Tausende seiner Mitarbeiter unerlaubterweise die Akkus ihrer Smartphones am Arbeitsplatz aufladen und als Dank dafür auf ihren Mindesturlaubsanspruch bestehen? Nein, die Milliardäre, mögen sie Theo Müller, Elon Musk, Mathias Döpfner, Marc Zuckerberg oder Jeff Bezoz heißen, konnten gar nichts anderes tun, als verrückte Faschisten zu unterstützen oder ihnen zumindest nach dem Munde zu reden.

Hätten sie es nicht getan, dann hätte ihnen vielleicht eines fernen Tages das Schlimmste gedroht, was einem Milliardär passieren kann: So arm zu werden wie wir.

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