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»Welt«-Event mit Musk und Weidel: Zu Gast bei Freunden

Die Tageszeitung »Welt« lud AfD-Chefin Alice Weidel und Trump-Berater Musk zu sich ein – und erntete Protest

  • Peter Nowak und Anton Benz
  • Lesedauer: 4 Min.
Etwa 700 Personen demonstrierten am Montag gegen den Wirtschaftsgipfel im Springer-Hochhaus.
Etwa 700 Personen demonstrierten am Montag gegen den Wirtschaftsgipfel im Springer-Hochhaus.

Die vielleicht auffälligste Person im Bundestagswahlkampf steht auf keinem Wahlzettel: Elon Musk scheint keine Gelegenheit auszulassen, sich für die AfD starkzumachen. Als böte der eigene Kurznachrichtendienst X dafür nicht genug Gelegenheit, kann der Milliardär dabei seit einigen Wochen anscheinend auf die »Welt« zählen. Kurz vor Weihnachten druckte die Zeitung einen Beitrag von Musk ab, der offen zur Wahl der AfD aufrief. Zwar blieben seine Thesen nicht unwidersprochen – ihren Zweck erreicht haben sie allemal. Nun bot die Springer-Zeitung Musk erneut eine Bühne: als Ehrengast – so bezeichnete ihn ein Unternehmenssprecher – auf dem jährlich stattfindenden zeitungseigenen Wirtschaftsgipfel, der am Montag und Dienstag im Springer-Hochhaus in Berlin stattfand.

Neben Musk und zahlreichen CEOs von DAX-Konzernen waren auch Friedrich Merz (CDU), Robert Habeck (Grüne), Christian Lindner (FDP), Sahra Wagenknecht (BSW) und Alice Weidel (AfD) eingeladen. Vertreter der Linkspartei befanden sich anscheinend nicht auf der Gästeliste. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnte eine Einladung Informationen des »Spiegel« zufolge ab.

Nach einem »Pregipfel-Dinner« am Montag begann die eigentliche Konferenz am Dienstag. Dort forderte Oliver Blume, Chef des Volkswagen-Konzerns und der Porsche AG, der »Welt« zufolge mehr Mut und Visionen von der Politik; er sprach von einem »Masterplan für Deutschland«. Wie die Zeitung außerdem berichtete, schlug BMW-Chef Oliver Zipse vor, die Einfuhrzölle für Fahrzeuge aus den USA zu senken – offenbar ein Deal zur Beschwichtigung von US-Präsident Trump.

»Hinter dem Faschismus steht ein Milliardär.«

Parole der globalisierungskritischen Organisation Attac

Auch die Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola reagierte in einer Ansprache auf den Stilwechsel in Übersee. Um mit der »Flut von präsidialen Dekreten« mithalten zu können, müsse die EU effizienter werden und bürokratische Hürden abbauen. Sie hob zudem die Führungsrolle Deutschlands in Europa hervor und forderte einen starken Zusammenhalt. »Die Antwort, die Europa sucht, ist Europa«, so Metsola.

Es war jedoch vor allem die Einladung Musks, die einen Zusammenschluss von linken Gruppen zu einer Gegendemonstration veranlasste. Unter dem Motto »Die Reichen essen. Wir essen mit« startete sie am Montagnachmittag vor dem Roten Rathaus. Zunächst versammelten sich dort etwa 200 Menschen. Später wuchs die Menge auf über 700 Personen an. Es waren viele Musk-Masken zu sehen und auch auf Transparenten wurde auf den US-Milliardär Bezug genommen. »Hinter dem Faschismus steht ein Milliardär«, lautete die Parole der globalisierungskritischen Organisation Attac.

Attac kritisierte, dass neben Musk auch AfD-Chefin Alice Weidel auf dem Wirtschaftsgipfel zugegen war. In einem Gespräch der beiden auf der Plattform X hatte Weidel Hitler als Kommunisten bezeichnet. Beim offiziellen Wahlkampfauftakt der AfD, wo Musk per Video zugeschaltet war, sprach der Unternehmer und Trump-Berater dann davon, dass es in Deutschland »zu viel Fokus auf vergangene Schuld« gebe. Sowohl die »Welt« als auch die AfD hielten auch an der Einladung Musks fest, nachdem er während der Amtseinführung Trumps zweimal den Hitlergruß gezeigt hatte.

Die Klimainitiative Extinction Rebellion rief auf ihrem Banner dazu auf, die Gesellschaft zu »entmilliardärisieren«. Ein Mitglied der Gruppe sagte dazu: »Ob es das Wort mal in den Duden schafft, weiß ich nicht. Aber uns war es wichtig, den Blick nicht nur auf Musk zu richten.«

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Ein Redner der Initative Klimaneustart Berlin ging auf die Rolle von Musk als Mentor rechter Bewegungen in aller Welt ein und bezeichnete ihn als Antisemiten. »Damit steht er in der Tradition eines weiteren bekannten US-Kapitalisten: Henri Ford, der auch bekennender Antisemit war und in den 1920er Jahren zum Vorbild faschistischer Bewegungen einschließlich der Nazis wurde«, sagte er.

Kurz vor dem Springer-Hochhaus löste die Polizei zwei kleinere Blockadeversuche auf. Dabei wurden auch Demonstrant*innen festgenommen. Ohnehin waren die Blockaden ausschließlich symbolischer Natur, die Gäste des Gipfels hatten andere Anfahrtswege. Die Protestierenden wollten damit an die Anti-Springer-Blockaden in den Jahren 1968/69 erinnern, als Zigtausende Menschen die Auslieferung der »Bild«-Zeitung behindert hatten. Damals warfen die Aktivist*innen der außerparlamentarischen Opposition (Apo) dem Springer-Konzern vor, mit seiner rechten Hetze gegen Oppositionelle für die Schüsse auf Rudi Dutschke mitverantwortlich zu sein.

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