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Russland und USA: Abtasten in Riad
»Erster Schritt«: Russland und die USA treffen sich zu Gesprächen in Saudi-Arabien
»Ganz gut« seien die Gespräche gewesen, sagte der außenpolitische Berater des russischen Präsidenten, Juri Uschakow. Man habe über den notwendigen Dialog zwischen Moskau und Washington gesprochen, schließlich können »zwei große Länder nicht miteinander nicht kommunizieren«.
Die Erwartungen an das kurzfristig angesetzte erste bilaterale russisch-US-amerikanische Treffen seit Moskaus Invasion der Ukraine vor drei Jahren waren groß, ebenso die Befürchtungen. Moskau und Washington könnten die Zukunft der Ukraine nach ihren Vorstellungen planen. Dementsprechend wütete die Europäische Union wegen ihrer Nichteinladung. Und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj behauptete zunächst, nichts von den geplanten Gesprächen gewusst zu haben, um dann zu erklären, er werde die Ergebnisse nicht anerkennen.
Allerdings hatte Russlands hochbesetzte Delegation schon vor dem Abflug nach Saudi-Arabien vorschnellen Rückschlüssen eine Absage erteilt. Noch gehe es nicht um Sondierungen, sondern darum, »Brücken aufzubauen«, so Kirill Dmitrijew, Chef des staatlichen russischen Investitionsfonds, und die grundlegenden Positionen darzulegen, wie Vizeaußenminister Alexander Gruschko sagte. Um Friedensverhandlungen hingegen nicht.
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Keine Friedensverhandlungen
Der innere Zustand der Verhandlungsteilnehmer sei »weit entfernt von entspannt«, kam Russlands staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti nicht umhin anzumerken. Das Gesprächsklima sei geschäftlich zurückhaltend. Man habe »sehr ernste Gespräche über alle Fragen« geführt, so Uschakow. Dmitrijew versuchte nach den viereinhalbstündigen Gesprächen dagegen, ein anderes Bild zu zeichnen. »Es wurde viel gescherzt. Es gab den Wunsch, zu irgendeinem Zeitpunkt nach Russland zu kommen«, gab Dmitrijew seinen Eindruck wider.
Dass der Chef des staatlichen Investitionsfonds nach Riad mitflog, wurde vorab als Versuch Moskaus gewertet, sich von einigen Sanktionen zu befreien. Laut »Washington Post« wollte Moskau die Aufhebung der Strafmaßnahmen gegen hohe Beamte, Geschäftsleute und den Energiesektor erreichen. Gegenüber dem US-Sender CNN verneinte Dmitrijew diese Absichten, rechnete aber gleichzeitig den vermeintlichen Verlust US-amerikanischer Firmen in Russland (300 Milliarden US-Dollar) vor und bot diesen die Rückkehr und gemeinsame Projekte an.
Moskau will Sanktionen loswerden
Moskau und Washington seien an der Entwicklung bilateraler Beziehungen interessiert, sagte Uschakow nach dem Treffen. Man werde sich an die Vorbereitungen auf einen Gipfel der Staatschefs Donald Trump und Wladimir Putin machen. Dieser werde aber nicht bereits in der kommenden Woche stattfinden, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg behauptet hatte. Es sei noch intensive Vorarbeit der Delegationen notwendig, so Uschakow weiter.
Zur Ukraine habe man die jeweiligen Positionen ausgetauscht und sich verständigt, dass einzelne Verhandlungsteams sich zu diesem Thema zur gegebenen Zeit verständigen. Noch könne man nicht einschätzen, ob sich russische und US-amerikanische Positionen näherkommen. Um den Ukraine-Konflikt zu lösen, brauche es mehr als ein Treffen, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow auf der anschließenden Pressekonferenz. Sein US-Amtskollege Marco Rubio sprach von einem »wichtigen Schritt nach vorne«, schränkte wie die russische Seite aber auch ein, dass ein Treffen nicht ausreiche.
Russland und USA planen engere Zusammenarbeit
Prinzipiell, so wurde in Riad klar, wollen Russland und die USA in Zukunft wieder enger zusammenarbeiten. Bei den Gesprächen wurde nach Angaben Washingtons vereinbart, Schritte zu unternehmen, um den Betrieb der jeweiligen diplomatischen Vertretungen wieder zu normalisieren. Im Zuge der Verschlechterung der Beziehungen waren mehrfach Diplomaten ausgewiesen worden.
In der ukrainischen Präsidialadministration soll angesichts der russisch-US-amerikanischen Annäherung zunehmend Panik herrschen, schreiben ukrainische Telegram-Kanäle. Die Elite des Landes soll bereits eingestanden haben, dass Präsident Selenskyj international kaltgestellt wurde.
Selenskyj sucht weiterhin nach Strohhalmen, die ihm dabei helfen, im Gespräch zu bleiben. Dafür wendet er sich sogar an China, das er immer wieder scharf angriff und dessen Friedensplan der ukrainische Präsident international beleidigte und diskreditierte. Peking wies die plötzlichen Avancen und Bitten um Sicherheitsgarantien zurück. China bleibe bei seiner neutralen Position, hieß es aus dem Außenministerium.
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