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Soziales Sprungbrett Grundeinkommen

Studienautoren: Pilotprojekt ermöglicht »erstmals evidenzbasierte Debatte« über Grundeinkommen in Deutschland

Demonstrant*innen für ein bedingungsloses Grundeinkommen nahe des Berliner Alexanderplatzes.
Demonstrant*innen für ein bedingungsloses Grundeinkommen nahe des Berliner Alexanderplatzes.

»Wir haben gezeigt: Ein Grundeinkommen ist keine soziale Hängematte, sondern ein Sprungbrett«, zeigt sich Klara Simon, Vorstandsvorsitzende des Vereins Mein Grundeinkommen am Mittwoch überzeugt. Das demonstriere eine dreijährige Feldstudie zur Wirkung von bedingungslosen Geldzahlungen. Die wichtigsten Ergebnisse: Empfänger*innen der Zahlungen sparten viel, ihre mentale Gesundheit und Lebenszufriedenheit verbesserte sich stark, ihr Arbeitsmarktverhalten änderte sich indes kaum. Allerdings bildeten sich in der Grundeinkommensgruppe viele weiter und waren zufriedener mit ihrem Erwerbsleben.

Ob das auch davon abhing, dass den 122 Geld-Empfänger*innen bewusst war, sie würden die 1200 Euro nur für drei Jahre erhalten? Möglich, meint Susanne Fiedler von der Wirtschaftsuniversität Wien. Man wisse jedoch über die 21- bis 40-jährigen Proband*innen, dass sie im Normalfall über einen Zeitraum von zwei Jahren planen würden. Dementsprechend sei der Projektzeitraum von drei Jahren »bewusst« gewählt worden. Die Wissenschaftler*innen hoffen nun, mit ihrer Arbeit Daten geschaffen zu haben, auf die sich künftige Forschung zu makroökonomischen Auswirkungen des Grundeinkommens stützen kann.

Parallel zur Studie entwickelten Mein Grundeinkommen und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) einen Finanzierungsrechner. Demnach würden 83 Prozent der Bevölkerung von einem allgemeinen bedingungslosen Grundeinkommen finanziell profitieren – alle Personen mit einem Nettoeinkommen von bis zu 3350 Euro. Für sieben Prozent der Deutschen würde sich nichts ändern, zehn Prozent müssten mehr beitragen. 75 Prozent des Grundeinkommens refinanzieren sich demnach selbst, zum Beispiel durch den Ersatz nicht mehr notwendiger Sozialleistungen, die Abschaffung von Steuerprivilegien oder ein durch steigenden Konsum hervorgerufenes Wirtschaftswachstum. Der Rest würde den Berechnungen nach durch Steuern bezahlt. Mein Grundeinkommen bezeichnet die Maßnahme als »Ausgleichsmechanismus«.

Jedenfalls würde das Stereotyp der sozialen Hängematte einmal mehr entkräftet, sagt auch Jürgen Schupp vom DIW bei der Präsentation der Ergebnisse. Allerdings sehe er derzeit wenig politisches Bemühen, ein Grundeinkommen umzusetzen. Das hängt auch mit negativen Ergebnissen anderer Studien zusammen, die auf veralteten Daten aufbauen. Frei nach Albert Einstein sei es nun einmal schwieriger, eine »vorgefasste Meinung zu zertrümmern, als ein Atom«, so Schupp. Simon von Mein Grundeinkommen fordert indes ein Umdenken ein: »Wohlstand wird gemeinsam erarbeitet und muss deshalb der Gemeinschaft dienen.«

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