Ärger unter Atomfreunden
Energiekonzerne sorgen sich um ihre Extra-Milliarden
E.on-Chef Johannes Teyssen hat am Dienstag in einem FAZ-Interview die Drohung konkretisiert, Atomkraftwerke abzuschalten. Dabei denken die Konzerne natürlich nicht an eine sofortige Stilllegung der extrem profitträchtigen, da komplett abgeschriebenen, Meiler. Laut Teyssen geht es um »eine Art Dornröschenschlaf« kleinerer Meiler, wenn deren Betrieb sich wegen der geplanten Brennelementesteuer betriebswirtschaftlich nicht mehr rechne.
Konkret soll das wohl heißen: Diese AKW werden nur zeitweilig Strom liefern, dann aber immer wieder stillstehen. Da sich die gesetzlich geregelten Laufzeiten nach produzierten Reststrommengen richten, könnten sich die Betriebszeiten über Jahrzehnte in die Länge ziehen. Der eigentliche Atomausstieg würde damit auf kurz vor den St. Nimmerleinstag verlegt werden. Für das Energiekonzept, das die Bundesregierung bekanntlich im Herbst vorlegen will, wäre solche Unberechenbarkeit Gift. Die Atomkraft soll laut Koalitionsbekenntnis bei der Wende hin zu den erneuerbaren Energien als Brücke dienen. Bei einer Brücke sollte jedoch das Ende bekannt sein.
Die sofortige Stilllegung einzelner Meiler ist für Greenpeace keine Drohung, sondern eine »gute Nachricht«. Deutschland produziert viel mehr Strom, als benötigt wird, und exportiert derzeit jährlich Überschüsse. Die acht noch in Betrieb befindlichen Uralt-Meiler trugen 2009 noch 5,4 Prozent zur deutschen Stromversorgung bei. Wenn sie denn überhaupt laufen: Der schleswig-holsteinische Pannenreaktor Krümmel steht seit über einem Jahr still. Bis 2015 könnten, so hat eine Greenpeace-Studie ergeben, auch die anderen neuen Atomreaktoren für immer abgeschaltet werden, ohne die Energiesicherheit zu gefährden. Vorausgesetzt sind freilich ein entsprechender Ausbau der erneuerbaren Energien sowie größere Anstrengungen beim Energiesparen, was beides politisch aber auch gewünscht sein muss.
Tatsächlich sind es nur die großen Energiekonzerne und ihre Anteilseigner, die die Atomkraftwerke noch länger brauchen. 6,4 Milliarden Euro würde nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung jedes Jahr Laufzeitverlängerung in die Kassen der Betreiber E.on, RWE, Vattenfall und EnBW spülen.
Diese hatten sich mit der schwarz-gelben Regierungsübernahme sicher auf diese Extra-Profite gefreut, umso verärgerter sind sie jetzt. Eine bestimmte Einmalsumme per staatlich garantierten Krediten in einen Fonds einzuzahlen, wäre kein Problem. Aber eine regelmäßig erhobene Brennelementesteuer würde die laufenden Gewinne erheblich schmälern. Werden zudem die Laufzeiten nur um wenige Jahre verlängert und auch noch die Sicherheitsauflagen für die Nachrüstung länger laufender Meiler hoch angesetzt – hier ist der mehrheitlich atomkritische Bundesrat auf jeden Fall gefragt –, rechnen sich einige kleinere Meiler möglicherweise kaum noch.
Dass die Laufzeitverlängerung nicht so reibungslos über die Bühne geht, wie viele erwartet haben, zeigt, dass nicht allein die Atomlobby die Regierung beackert. Zwar finden die Befürworter einer klimafreundlichen Energiewende hin zu den Erneuerbaren bei Schwarz-Gelb kaum Gehör, aber einflussreich ist auch die Kohle-Lobby. Diese setzt auf den Bau neuer großer Kohlekraftwerke, deren Bedarf sich aber auch an der AKW-Laufzeitverlängerung bemisst. Davon profitieren würden übrigens – E.on, RWE, Vattenfall und EnBW. Kommentar Seite 8
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