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»Reiß ihnen die Eingeweide heraus«

Philip Matyszak über den Alltag römischer Legionäre

  • Armin Jähne
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Afghanistan einen 70 Kilometer vom Bundeswehrfeldlager Kundus entfernten deutschen Vorposten besuchte, also an der »Front« weilte, gingen diese Nachricht ebenso wie seine Vorschläge zur Reform der Bundeswehr durch alle Medien. Keines dieser Medien aber hat bisher plausibel erklären können, warum sich deutsche Truppen am Hindukusch befinden, sie dort ein korruptes Staatssystem schützen und einem Demokratiekonzept zur Wirksamkeit verhelfen sollen, das dort keiner will. Ebenso bleibt unklar, welche vom Grundgesetz gestützten Aufgaben die reformierte, auf Auslandseinsätze orientierte Bundeswehr künftig haben wird.

Ein historischer Vergleich mit der römischen Armee könnte da vielleicht hilfreich sein. Sie war, beginnend mit Marius (156 - 86 v. u. Z.), unter Kaiser Augustus (27 v. u. Z. - 14 u. Z.) endgültig zum Berufsheer gemacht worden: gut trainiert, bestens ausgerüstet, mit einer perfekten Logistik. Hundert Jahre später, unter Kaiser Trajan (98 - 117 u. Z.), bestand die Funktion dieser ausgesprochen mobilen und in ihren Gliederungen hoch spezialisierten Streitmacht zum einen darin, in großen Offensiven gegen Daker, Nabatäer (Arabien) und Parther das römische Weltreich bis an die Karpathen, nach Armenien, Euphrat und Tigris auszudehnen. Zum anderen schützten die römischen Legionen die langen Grenzen auf drei Kontinenten – allein in Europa vom Unterlauf des Rheins bis zur Donaumündung – vor einer Vielzahl von Feinden. Hinzu trat die schnelle und effektive Niederschlagung von Aufständen innerhalb des Imperiums, um die Pax Romana, den Frieden innerhalb des gewaltigen Imperiums zu gewährleisten. Spezialität der Legion XIV Gemina zum Beispiel war es, Aufstände zu ersticken.

Philip Matyszak greift die kleinste Zelle des römischen Heeres heraus, den Legionär, um die innere Struktur und den Mechanismus dieser Militärmaschinerie freizulegen. So erfährt der Leser wie man Legionär wurde, welchen Sold er bekam, wie seine Ausbildung erfolgte und welche Karriereaussichten bestanden, wie sein Alltag aussah – bis hin zur Entlassung und dem fragwürdigen Danach als wieder freier Mann. Gründlich vorgestellt werden die Ausrüstung, das Leben im Lager und im Felde (Feldzugsstrategie, Marschkolonne, Unterkunft, Verpflegung), die Eroberung von befestigten Orten und das Vorgehen in der Schlacht. Roms Feldzüge waren politisch motivierte Kampfhandlungen von hoher Intensität, und sie wurden den Feinden gegenüber zupackend, zielstrebig und brutal geführt. »Reiß ihnen die Eingeweide heraus«, heißt es in einer Verhaltensregel für den Legionär.

Der Krieg war die eine Seite seiner Existenz. Die andere bestand im Dienstrhythmus des Lagerlebens an den Reichsgrenzen, wo eine Kette von Militär- gepaart mit Zivilstädten entstand. Als Beispiele genannt seien Vindobona/Wien, Carnuntum/Petronell oder Aquincum/Budapest. Die großen Legionslager waren Militärstützpunkte und zugleich Zentren römischer Zivilisation, die von hier aus weit in die von Rom eroberten Länder ausstrahlten.

Der Legionär war nicht nur Soldat, sondern auch Maurer, Zimmermann, Steinmetz, Dachdecker und Straßenbauer. Mit ihm verbreiteten sich Handel und Wandel, der Weinbau, Badeanstalten oder die Fußbodenheizung. Anders als die deutschen Armeen, mit Ausnahme der NVA, die im 20. Jahrhundert und jetzt in Europa und darüber hinaus nur Tod und Verderben säten, waren Roms Legionen auch Kulturbringer. Matyszak hat eine lesenswerte, komprimierte Darstellung des Heerwesens in der römischen Kaiserzeit vorgelegt.

Philip Matyszak: Legionär in der römischen Armee. Der ultimative Karriereführer. Primus. 224 S., mit Karte und zahlr. Abb., 19 €

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