Ja-Sager bleiben in der Mehrheit

Vor der Afghanistan-Abstimmung: Die Fraktion der Kriegsgegner wächst nicht schnell genug

Eine grüne Friedensinitiative wirbt für ein Nein ihrer Fraktion, die Friedensbewegung schreibt alle Bundestagsabgeordneten an. Dennoch wird die Verlängerung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr morgen wohl glatt über die Bühne gehen.

Ginge es nach der Bevölkerung, würden die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan sofort ihre Rucksäcke packen. Seit Langem lehnt eine große Mehrheit den Krieg am Hindukusch ab. Im Bundestag ist es genau umgekehrt. Dort stimmt die Mehrzahl der Parlamentarier Jahr ums Jahr für die Fortsetzung des 2001 begonnenden Einsatzes. Morgen geht es um die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats bis Februar 2012. Dieses Mal werden wohl mehr Abgeordnete als bisher Nein sagen, allerdings ist auch im zehnten Jahr die Mehrheit für die Kriegsfraktion sicher.

Im Vorfeld wurde viel über konkrete Abzugspläne diskutiert. Ende des Jahres könnte es losgehen, heißt es nun, allerdings nur, »so weit die Lage dies erlaubt«. Ob sie es erlaubt, darüber entscheidet dann nicht das Parlament, sondern die Regierung bzw. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Zudem wird die Bundesregierung wohl schon bald ein weiteres Mandat einfordern, damit sich die Bundeswehr auch an der AWACS-Luftüberwachung über Afghanistan beteiligen kann.

Die Friedensbewegung hat alle Abgeordneten des Bundestags angeschrieben und für ein Nein geworben. Ein Ende des Krieges sei nur über eine Verhandlungslösung zu erreichen, mahnen die 88 Organisationen in ihrem Appell. Diese Einsicht sei fast Allgemeingut, weiter auf Krieg zu setzen daher eine »intellektuelle Zumutung«.

Abgesehen von der LINKEN, deren Fraktion als einzige geschlossen gegen die Mandatsverlängerung stimmen wird, stoßen solche Appelle auf wenig Gegenliebe. Auch nicht bei den anderen beiden Oppositionsparteien, die das Scheitern der von ihnen auf den Weg gebrachten Mission nicht eingestehen wollen. Die SPD hatte für ihr Ja eigentlich zur Bedingung gemacht, dass der Abzug sicher im Jahr 2011 beginnt. Erfüllt ist die Forderung nicht. Trotz der wachsweichen Formulierung empfiehlt SPD-Chef Sigmar Gabriel seiner Bundestagsfraktion das Ja, was diese wohl mehrheitlich befolgen wird.

Auch die Grünen tun sich schwer mit der Einsicht, dass Frieden am Hindukusch nicht mit Waffengewalt zu erreichen ist. Zwar wächst die Kritik – so forderten 280 Grünenmitglieder ihre Fraktion auf, die »Laufzeitverlängerung des Bundeswehreinsatzes« abzulehnen. Der Abzug müsse sofort beginnen, bis August könnten alle Soldaten zu Hause sein, heißt es in dem Appell, der dieses Jahr fast doppelt so viele Unterstützer wie im Vorjahr hat. Zu einem klaren Nein werden sich die meisten in der Fraktion dennoch nicht durchringen können. Die Grünenspitze befürwortet eine »zurückhaltende Militärstrategie« bis 2014, womit der Unterschied zum Kurs von Schwarz-Gelb beschrieben sein soll. Viele Abgeordnete werden sich am Freitag enthalten, aber eben auch nicht eindeutig gegen eine weitere Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan stimmen.

Im Jahr 2010 votierten 429 Abgeordnete mit Ja, 111 mit Nein, 46 enthielten sich. Der Block der Ja-Sager im Bundestag wird dieses Jahr geschmolzen sein, die Fraktion der Kriegsgegner und Kriegsmüden gewachsen – aber nicht genug für eine Wende.

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