Rezension: Ende ohne Furcht
Das Thema wird gern verdrängt: Sterben, Tod. Man hat Angst vor der Auslöschung des eigenen Ichs, vor einem qualvollen Sterbeverlauf, vor dem Ausgeliefertsein an lebensverlängernde Maßnahmen der Apparatemedizin. Gian Domenico Borasio, einer der führenden Palliativmediziner in Europa, will uns mit seinem Buch »Über das Sterben« diese Angst nehmen: »Was uns allen zu wünschen ist, ist ein nüchterner und gelassener Blick auf die eigene Endlichkeit.« Sterbebegleitung dürfe sich nicht auf medizinische Syndromkontrolle beschränken, vielmehr den Dialog mit den Menschen suchen.
Das Buch räumt mit vielen Irrtümern rund um den Sterbeprozess auf, hinterfragt kritisch Praktiken der Lebensverlängerung wie künstliche Ernährung oder Ruhigstellung durch Medikamente, wenn sie - vielleicht auch mit bester Absicht - den Lebensraum des Patienten maximal einschränken und letztlich ein friedliches, natürliches Sterben unnötig stören und verhindern.
So belastend die Beschäftigung mit Tod und Sterben sein kann, es lohnt sich, die Scheu vor diesem Thema abzulegen. Es gibt wissenschaftliche Belege, dass schwer kranke und sterbende Menschen besser wissen als Gesunde, worum es im Leben geht, worauf es ankommt. So kann das so erfahrene Wissen um die eigene Endlichkeit eine Bereicherung für Pflegende, Freunde und Angehörige sein.
Der Angst vor einem Verlust der eigenen Kontrolle über sich selbst kann mit einer Vorsorgevollmacht sowie durch eine Patientenverfügung vorgebeugt werden.
Gian Domenico Borasio: Über das Sterben, Verlag C.H Beck, 17,95 €.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.