Rezension: Ende ohne Furcht

  • Günter Queißer
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Thema wird gern verdrängt: Sterben, Tod. Man hat Angst vor der Auslöschung des eigenen Ichs, vor einem qualvollen Sterbeverlauf, vor dem Ausgeliefertsein an lebensverlängernde Maßnahmen der Apparatemedizin. Gian Domenico Borasio, einer der führenden Palliativmediziner in Europa, will uns mit seinem Buch »Über das Sterben« diese Angst nehmen: »Was uns allen zu wünschen ist, ist ein nüchterner und gelassener Blick auf die eigene Endlichkeit.« Sterbebegleitung dürfe sich nicht auf medizinische Syndromkontrolle beschränken, vielmehr den Dialog mit den Menschen suchen.

Das Buch räumt mit vielen Irrtümern rund um den Sterbeprozess auf, hinterfragt kritisch Praktiken der Lebensverlängerung wie künstliche Ernährung oder Ruhigstellung durch Medikamente, wenn sie - vielleicht auch mit bester Absicht - den Lebensraum des Patienten maximal einschränken und letztlich ein friedliches, natürliches Sterben unnötig stören und verhindern.

So belastend die Beschäftigung mit Tod und Sterben sein kann, es lohnt sich, die Scheu vor diesem Thema abzulegen. Es gibt wissenschaftliche Belege, dass schwer kranke und sterbende Menschen besser wissen als Gesunde, worum es im Leben geht, worauf es ankommt. So kann das so erfahrene Wissen um die eigene Endlichkeit eine Bereicherung für Pflegende, Freunde und Angehörige sein.

Der Angst vor einem Verlust der eigenen Kontrolle über sich selbst kann mit einer Vorsorgevollmacht sowie durch eine Patientenverfügung vorgebeugt werden.

Gian Domenico Borasio: Über das Sterben, Verlag C.H Beck, 17,95 €.

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