Kriegsgegner unerwünscht
Antimilitaristischer Protest verboten / Aktivisten finden Platz zum Campen
Kriegsgegner mobilisieren seit Monaten zu einer Aktionswoche rund um den Truppenübungsplatz der Bundeswehr in Sachsen-Anhalt. Nun hat die Polizei jeglichen Protest in der Nähe des Truppenübungsplatzes verboten. Abblasen wollen die Aktivisten die Proteste nicht und so werden Unterstützer ab heute zu einer Dauermahnwache auf dem Marktplatz nach Letzlingen mobilisiert. Erst kurz vor Beginn der Aktionen hatten sie nach eigenen Angaben einen Ort zum Campen gefunden.
Das Demonstrationsverbot gilt für eine Woche und umfasst einen großen Bereich mit mehreren Landkreisen. Im Norden wird das Gebiet von der ICE-Trasse von Berlin nach Hannover begrenzt, im Westen von der B71, im Osten von der B189 und im Süden von der Kreisstraße zwischen Haldensleben und Wolmirstedt. Die Polizei begründete laut Aktivisten das Verbot damit, dass die Behörden von der Durchführung von Straftaten ausgehen würden.
Auf dem Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Altmark werden Soldaten auf Auslandseinsätze vorbereitet. Um die militärische Nutzung der Heide gibt es seit der Wende politische Auseinandersetzungen. Ein Kompromiss aus dem Jahr 1997 sah vor, dass der südliche Teil zivil genutzt werden sollte. Diese Vereinbarung wurde jedoch von der schwarz-gelben Landesregierung 2004 aufgekündigt, das gesamte Gebiet wird seither für Kriegsübungen genutzt. Die Bundeswehr will das Gelände weiter ausbauen, um dort künftig gezielt den Häuserkampf in Städten trainieren zu können. Im nächsten Frühjahr soll der Bau der neuen Übungsstadt »Schnöggersburg« beginnen. Er soll bis zu 100 Millionen Euro kosten.
Der Protest vor Ort will darauf aufmerksam machen, dass Krieg nicht weit weg stattfindet, sondern dass Töten und Zerstören mitten in Deutschland geübt werden. Für Sonnabend hatten die Kriegsgegner Aktionen des zivilen Ungehorsams angekündigt. Sie wollten den Truppenübungsplatz für einen Tag »entern, lahmlegen, umgestalten«, heißt es im Aufruf zum Aktionstag. Ob die Aktivisten trotz des Verbots an ihren Plänen festhalten, war bis Redaktionsschluss nicht bekannt.
In einer Mitteilung hatte die Polizei bereits vergangene Woche darauf hingewiesen, dass allein schon das unbefugte Betreten des Truppenübungsplatzes eine Ordnungswidrigkeit sei, die mit bis zu 500 Euro Bußgeld geahndet werden könne. Unerlaubtes Zelten könne sogar bis zu 5000 Euro kosten.
Die Stadt Gardelegen, zu der Letzlingen gehört, hatte im Vorfeld nur einen Ort zum Campen in einem ehemaligen Industriegebiet angeboten. Die Organisatoren lehnten jedoch ab, weil er weit vom GÜZ entfernt und mit zwei ICE-Trassen getrennt liegt. »Wir wollen in direkter Nähe des Kriegsgeländes protestieren«, sagte eine Aktivistin. Lokale Medien machen seit Wochen Stimmung gegen die Antimilitaristen. Polizei, Bundeswehr und Bundespolizei rüsten sich laut Medienberichten mit etwa 1000 Beamten für den kritischen Besuch. Diese Zahl wurde von der Polizei nicht bestätigt.
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