Beamte legten Rom lahm

Zehntausende italienische Staatsangestellte streikten gegen Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.
Griechenland und Spanien machten in dieser Woche den Anfang. Nach der Sommerpause wird in Europa wieder gegen das Spardiktat demonstriert. Zehntausende Staatsangestellte haben am Freitag in Rom mit ihrem Streik das Protestwochenende eingeleitet.

Vielleicht, weil es irgendwie »besser klingt« hat die italienische Regierung unter Mario Monti ihre letzten Maßnahmen im öffentlichen Sektor nicht »Sparpaket«, sondern »spending review« (Ausgabenbewertung) genannt. Man möchte lediglich - wie der zuständige Minister Filippo Patroni Griffi noch einmal betonte -, dass die öffentliche Verwaltung besser funktioniert und die »Ressourcen klüger verteilt« werden. Doch für die Betroffenen sieht das ganz anders aus: In den kommenden Monaten sollen 20 Prozent aller Stellen auf Leitungsebene gestrichen werden und zehn Prozent in den unteren Gehaltsgruppen. Konkret bedeutet dies einen Verlust von mindestens 24 000 Arbeitsplätzen.

Aus Protest gegen das Sparpaket der Regierung - insgesamt will Ministerpräsident Mario Monti bis 2014 rund 26 Milliarden Euro einsparen - haben am Freitag Zehntausende Angestellte des öffentlichen Dienstes die Arbeit niedergelegt und ein Verkehrschaos in Rom verursacht. Es beteiligten sich Beamte der Ministerien, Ärzte sowie Angestellte der Kommunen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Musik- und Kunsthochschulen aus ganz Italien.

»Stellen zu streichen«, erklärte Susanna Camusso, Generalsekretärin der Gewerkschaft CGIL, die zusammen mit der UIL zu dem Streik aufgerufen hatte, »ist wirklich das Letzte, was Italien heute braucht«. Ihr Kollege Luigi Angeletti von der UIL fügte hinzu: »Zuerst muss die Regierung einen allgemeinen Plan vorlegen, um die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu verbessern. Danach kann man weitersehen«. An der Tatsache, dass die Verwaltung schlecht organisiert ist und in Bürokratie versinkt, zweifelt niemand.

Die dritte große italienische Gewerkschaft, die CISL, hat sich dem Protest am Freitag nicht angeschlossen. Sie beschuldigt CGIL und UIL, nur »des Streikes wegen zu streiken« und setzt auf weitere Verhandlungen mit der Regierung.

Die italienischen Beamten sind besonders wütend, weil sie in den letzten Monaten bereits mehrmals zur Kasse gebeten wurden, unter anderem mit einer drastischen Verlängerung der Lebensarbeitszeit. »Man sagt uns, dass wir privilegiert sind, weil unsere Arbeitsplätze sicher sind und wir deshalb besondere Opfer bringen müssen. Aber jetzt sollen auch wir kündbar werden. Die Regierung setzt bei uns den Rotstift an, weil es im öffentlichen Dienst am einfachsten ist«, beschwert sich Rosaria Puletti, Sachbearbeiterin im Landwirtschaftsministerium.

Besonders die Beamten niedrigeren Ranges sind wie in der Privatwirtschaft Erwerbstätige von den Wirtschaftsproblemen Italiens betroffen. Bei einem Durchschnittslohn von 1200 Euro fallen vor allem Preissteigerungen zur Last. Allein im September sind die Preise der am häufigsten konsumierten Produkte laut Statistikamt ISTAT um 4,7 Prozent gestiegen.

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