DDR-Dokumentarfilm

Das Prinzip Neugier stellt 21 Regisseure vor

  • Günter Agde
  • Lesedauer: 2 Min.

Vier Interviewerinnen - Christiane Mückenberger, Ingrid Poss, Anne Richter und Dorette Molitor - haben »die ihnen wichtigsten« Regisseure des DDR-Dokumentarfilms über ihr Leben und Werk ausgefragt. Die Interviewer sind Leute vom Fach, und DEFA-Patrioten sind sie - wie die Befragten - allemal: 21 Regisseure auf über 600 Seiten.

Diese kompakte Filmgeschichte in sehr lebendigen, gut zu lesenden Gesprächen stellt sich durchweg als DDR-Geschichte dar. Die Befragten sind durch Nachkrieg und die Aufbaujahre der frühen DDR geprägt und haben später Stagnation und Ende miterlebt. Mit jedem ihrer Filme haben sie Widersprüche zwischen politischen Ansprüchen der Oberen und künstlerischen Ehrgeizen auszutragen. Aber immer ging es ihnen um Leute: die vor der Kamera und die im Zuschauerraum - Neugier als Berufsethos. Die Verwobenheit von DDR-Leben und Dokumentarfilmen macht die beeindruckende Erzählung aus. Auch ihr »Ankommen« in der neuen Nach-DDR-Welt wird plastisch dargestellt. Sie erzählen bereitwillig, wie sie zu ihrem Beruf kamen, welche Filme sie unter welchen Umständen machten und wie diese Filme den Zuschauern begegneten. Diese Selbstaussagen ersetzen die Filme freilich nicht, leider sind sie viel zu selten im Kino zu sehen.

Die strikte Subjektivität der Auswahl schließt jedoch wichtige Dokumentarfilm-Regisseure aus, wie zum Beispiel Helke Misselwitz, Jochen Kraußer und Karlheinz Mund, und zieht also filmhistorische Ungerechtigkeit nach sich. Folglich wäre ein Nachfolgeband mit den vielen anderen, die den Herausgeberinnen nicht die wichtigsten waren, nötig.

Der Band ist eine Quellensammlung erster Güte: Wer etwas über den DDR-Dokumentarfilm erfahren will, was über die Filme selbst hinausgeht, wer damit über DDR-Entwicklungen und -Widersprüche aus einem sehr speziellen Blickwinkel sachliche und authentische Auskünfte erhalten will, der wird diese Selbstaussagen mit Nutzen lesen.

Darin wird freilich auch manche Legende festgeschrieben und manches Ereignis blanker poliert, als es wirklich war, auch jede Menge Leitungsschelte liest man und meist berechtigte. Vieles wird auch zu freundlich beschrieben. Das alles stammt wohl von einer etwas verklärenden Distanz zu »damals«, und das muss man bei solchen sehr persönlichen Erinnerungen wohl in Kauf nehmen. Auffallend: alle, wirklich alle äußern großes Lob für die Kameraleute, über die ein eigener Band wohl lohnte.

Das Prinzip Neugier, DEFA-Dokumentarfilmer erzählen, Hrsg. Filmmuseum Potsdam, Verlag Neues Leben Berlin, 640 Seiten, geb., 29,95 €.

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