»Persönlich fühle ich mich nicht als Transsexuelle«

»Von der Gesellschaft verlange ich nur, dass sie transsexuelle Werdegänge akzeptiert«

  • Charlotte Noblet
  • Lesedauer: 2 Min.
Aus persönlichen Gründen war eure Bloggerin kurz in Paris unterwegs. Wer traf sie aber am Flughafen Schönefeld? »Bambi«, eine 77-Jährige strahlende Frau geboren als Mann und Hauptdarstellerin des gleichnamigen Films. Eine tolle spontane Begegnung.
Marie-Pierre Pruvot als »Bambi« - aus dem Dokumentarfilm von Sébastien Lifshitz.
Marie-Pierre Pruvot als »Bambi« - aus dem Dokumentarfilm von Sébastien Lifshitz.

2007 ist Ihre Autobiographie erschienen. Im Dokumentarfilm „Bambi“ von Sébastien Lifshitz erzählen Sie erneut von Ihrem Werdegang. Was liegt der Unterschied?
Schreiben fiel mir nie schwer, es gehörte zu meinem Beruf als Französisch-Lehrerin. Bei einem Dokumentarfilm läuft es anders: Der Regisseur schreibt, nicht die Darstellerin. Sébastien hat meine Wörter inszeniert. Und ich, ich bin einfach hautnah zu sehen. Auch eine Erfahrung!

Bei der Premiere von »Bambi« konnte ich eine große Komplizenschaft zwischen Ihnen und dem Regisseur bemerken...
Tatsächlich. Sébastien wollte immer mit mir reden bzw. mich zuhören. Ich habe ihm Sachen erzählt, die ich eigentlich niemandem niemals sagen wollte. Insgesamt habe ich um die 30 Stunden mit ihm gesprochen. Alles hat er auf eine Stunde für den Film reduziert. Dafür hat er mich manchmal darum gebeten, die Sachen erneut zu erklären. Ich habe es einfach gemacht.

Sie erzählen von Ihrer Zeit in »Carroussel de Paris«, als Sie mit Hormonen experimentiert haben. Ganz anders als die jungen Leute von heute?
Damals waren wir Pioniere mit dem Experimentieren von Hormonen. Alles lief auf unsere eigenen Kosten. Wir hatten einfach von diesem und jenem erfahren, es in der Apotheke besorgt und uns selbst damit gespritzt, manchmal ein bisschen, manchmal mehr. Mit dem Operieren lief es ähnlich: Wenn eine Operation schief ging, war es einfach Pech. Unter der Motto »c›est la vie!‹« Heutzutage läuft alles ganz anders. Alles ist sehr reglementiert worden. Bestimmte Sachen werden rückerstattet, dafür muss man aber von einem Psychologen betreut werden. Auch nicht ganz einfach! Persönlich fühle ich mich nicht als Transsexuelle. Ich bin mit der jungen Generation solidarisch, weil ich ganz genau weiß, wie schwer es sich anfühlt.

Und wie sieht es mit den Gesetzen aus? Ganz anders als damals?
Ach die Gesetze, sie ändern sich nur unter Druck der Gesellschaft. Von der Gesellschaft fordere ich nur, dass sie transsexuelle Werdegänge akzeptiert, selbst wenn nur mit Widerwillen. Eins ist mir auch sehr wichtig und zwar, dass Prostitution legal wird, auch in Frankreich. Damals gab es nicht viele Möglichkeiten für die Arbeit und das tägliche Brot: Die Spektakel waren eine Möglichkeit, die Prostitution eine andere. Viele Transsexuelle haben es dank der Prostitution geschafft.

Mehr Infos über den Dokumentarfilm „Bambi“ von Sébastien Lifshitz...

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