Preise steigen nur noch langsam

Jahresteuerungsrate auf 0,9 Prozent gesunken - des einen Freud, des anderen Leid

Die Inflationsrate in Deutschland ist weiter rückläufig - mittlerweile liegt sie auf dem niedrigsten Stand seit knapp vier Jahren.

Wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise im Mai 2014 gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,9 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat sanken die Preise sogar leicht. Im April 2014 hatte die Jahresteuerungsrate noch bei 1,3 Prozent gelegen. Hauptgrund für die aktuelle Entwicklung waren den Angaben zufolge erneut die Energiepreise, die gegenüber Mai 2013 um 0,8 Prozent sanken. Vor allem Heizöl, Kraftstoffe und feste Brennstoffe waren spürbar günstiger. Unterdurchschnittlich stiegen die Preise für Nahrungsmittel (0,5 Prozent).

Allerdings können sich nicht alle Verbraucher freuen. Quarkliebhaber müssen einen Preisanstieg von 15,2 Prozent verkraften und Kettenraucher von 4,5 Prozent. Selbst im Energiebereich ist nicht alles in Butter - Strom verteuerte sich überdurchschnittlich um 1,8 Prozent. Dagegen können sich Kopf- oder Eisbergsalatesser dank eines Preissturzes um fast 40 Prozent so richtig vollstopfen.

Der Warenkorb der Bundesstatistiker

Der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes zeigt die Preisentwicklung bei Waren und Dienstleistungen. Grundlage für die Berechnung ist ein Warenkorb aus rund 600 unterschiedlich stark gewichteten Güterarten. Jeden Monat werden etwa 300 000 Einzelpreise der gleichen Produkte in denselben Geschäften ermittelt, bei einheitlichen Preisen etwa für Bücher geschieht dies im Internet.

Den größten Anteil am Warenkorb macht das Wohnen (Mieten, Strom, Gas) mit fast 32 Prozent aus. Gut 10 Prozent entfallen auf Lebensmittel. Die Ausgaben für Verkehr schlagen mit 13,5 Prozent zu Buche, diejenigen für Freizeit, Unterhaltung und Kultur mit 11,5 Prozent. dpa/nd

 

 

Kritiker behaupten, dass der für die Inflationsberechnung verwendete Warenkorb die tatsächliche Preissteigerung beschönigt. Als Beispiel wurde zu Zeiten stark steigender Energiepreise gerne angeführt, dass diese nur mit einer Gewichtung von rund zehn Prozent eingehen, obwohl viele Haushalte deutlich mehr ausgeben müssten. Mittlerweile ist dies nicht mehr zu hören, denn die Energiepreise sinken - nach dieser Lesart wäre die von den Statistikern ausgewiesene aktuelle Teuerungsrate zu nied- rig. Die Inflationsrate ist eben nicht mehr als ein statistischer Durchschnitt für einen umfangreichen Warenkorb.

Unstrittig ist dagegen: Wenn die Preise langsamer anziehen als die Löhne oder auch die Renten, steigt die Kaufkraft. Dies gilt derzeit zumindest für Tariflohnbezieher - bei den bisherigen Abschlüssen 2014 wurden Lohnsteigerungen zwischen 2,4 und 3,7 Prozent vereinbart.

Auch Sparer profitieren: Zwar sind die Zinsen derzeit extrem niedrig. Doch dank der ebenfalls niedrigen Inflation findet bei den meisten kein Vermögensverlust statt. Von einer »Enteignung der Sparer«, die in neokonservativen Kreisen an die Wand gemalt wird, kann keine Rede sein.

Allerdings ist in der Wirtschaftswelt des einen Freud immer des anderen Leid. Dies gilt etwa für Schuldner - egal ob Privatleute, Unternehmen oder den Staat. Ihnen hilft nämlich eine hohe Inflation, die Schulden zu entwerten. Volkswirtschaftlich betrachtet sind niedrige Inflationsraten mindestens genauso schädlich wie hohe. Kommt es gar zur Deflation mit sinkenden Preisen, drohen eine langwierige Rezession und Massenarbeitslosigkeit. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt deshalb eine Inflations-Zielmarke von zwei Prozent für den Euroraum an, die sie mit ihrer Politik des billigen Geldes erreichen will. Laut dem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht rechnet die EZB damit, dass die Teuerungsrate schrittweise wieder steigt. Die Gefahr einer Deflation im Euroraum erscheine zum jetzigen Zeitpunkt gering, heißt es.

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