Das Geisterhaus auf Rhodos

Die griechische Wirtschaft kommt nicht auf die Beine

Der Wind pfeift durch das fensterlose Gebäude, der Putz ist rissig, die Wände sind vollgekritzelt - einem Geisterhaus gleich thront die »Villa de Vecchi« auf dem Gipfel des Berges Profitis Elias. 1936 hatte sie der italienische Gouverneur von Rhodos errichten lassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ägäis-Insel an Griechenland übergeben. Da ungenutzt, verfiel das prachtvolle Landhaus zusehends. Das soll sich nun ändern: Der staatliche Privatisierungsfonds TAIPED möchte die Villa in ein »Boutique-Hotel« umwandeln lassen - klein, luxuriös und mit individueller Note. Für 14 verlassene Immobilien quer durchs Land sucht man Investoren für eine solche Nutzung.

Der Fonds, der nach Vorgaben der Troika Milliardenerlöse aus dem Verkauf staatlichen Eigentums erzielen soll, setzt stark auf den Tourismussektor. Das kommt nicht von ungefähr: Neben der Handelsschifffahrt ist er der wichtigste Wirtschaftssektor - rund ein Fünftel trug er zuletzt zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Dank stark gesunkener Preise war 2014 mit 20 Millionen Besuchern sogar ein Rekordjahr. Unbedeutend ist hingegen die Industrie - alle Branchen zusammen erzeugen nur 16,5 Prozent des BIP; in Deutschland ist es fast doppelt so viel. Gewisse Bedeutung haben die Pharmabranche und die Nahrungsmittelherstellung. Größter Arbeitgeber ist Coca-Cola, es dominieren Kleinunternehmen. Die einst wichtige Textilproduktion ist krisenbedingt in die Nachbarländer Bulgarien und Türkei abgewandert.

Die Landwirtschaft hat zwar Bedeutung für den Export, der Anteil am BIP ist aber mit 3,5 Prozent gering. Allerdings hat die Krise viele Leute zurück aufs Land getrieben - die Zahl der Landwirte ist um 40 000 gestiegen.

Wegen der schwachen Wirtschaft ist das Leistungsbilanzdefizit seit Jahrzehnten hoch. Die Austeritätsprogramme haben es kaum gesenkt - und nur, weil sich die Griechen armutsbedingt weniger Importe leisten können. Die Exporte stiegen trotz drastisch gesenkter Lohnkosten kaum. Und auch die Investoren kommen nicht. Wer will schon in einem Land ohne Perspektiven investieren, das zu einer weichen Währung zurückzukehren droht? Daher klappt es auch mit den Privatisierungen kaum: Seit der Gründung 2011 konnte TAIPED erst zwei größere Erfolge vermelden: Zuletzt erhielten der Frankfurter Konzern Fraport und sein griechischer Partner Slentel für 1,23 Milliarden Euro den Zuschlag für den Betrieb von 14 Regionalflughäfen für 40 Jahre.

Ansonsten wird öffentliches Eigentum mangels Interesse verschleudert: Beim Verkauf des 6200 Hektar großen Gelände des stillgelegten Athener Großflughafens Elliniko erhielt Lamda Development für 914 Millionen Euro den Zuschlag - die Immobilienfirma des in Monaco residierenden Reederei-Erben und Milliardärs Spiros Latsis war einziger Bieter. Die griechische Technikkammer schätzt den Wert des gut angebundenen, sieben Kilometer südlich der Athener Innenstadt am Meer gelegenen Areals auf das Dreifache.

Bei den »Boutique-Hotels« sieht es noch düsterer aus. Vor einem Vierteljahr endete die Bewerbungsfrist, seither hat TAIPED nichts mehr verlauten lassen - offenbar gab es keine Bieter. Die »Villa de Vecchi« wird auf absehbare Zeit ein Geisterhaus bleiben. Kurt Stenger

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