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Kampf um den rechten Rand

Angesichts vermehrter Zuwanderung steigt die fremdenfeindliche Polemik

Wenn die Politik sich von einem xenophoben Stammtisch beeinflussen lässt, wird es heftig: Die CSU hat die aufstrebende AfD als Konkurrenten um die Wählergunst erkannt.

Flüchtlinge in Deutschland machten «nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung» aus, erklärte Ulla Jelpke angesichts der gestiegenen Zahl von Asylsuchenden. Eine Überlastung der Bundesrepublik könne sie nicht ausmachen, sagte die innenpolitische Sprecherin der LINKEN. Ihre Erklärung klang unnachgiebig, in ihr schwang ein gewisser Trotz mit - was nicht wundert: Schließlich macht der Mainstream derweil aus einer anderen politischen Richtung Stimmung.

Zwar haben die Pegida-Aufmärsche zuletzt an Zulauf verloren und sind an einigen Orten mittlerweile versiegt, doch die Parolen des rechtspopulistischen Bündnisses hallen noch nach. Das beweist nicht zuletzt das jüngste «Eurobarometer», eine Erhebung im Auftrag der EU-Kommission. Pauschal sind demnach fast zwei Drittel (61 Prozent) gegen eine Einwanderung aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Diese Skepsis ist im Vergleich mit anderen EU-Staaten bemerkenswert hoch. Im EU-Durchschnitt lehnten der Umfrage zufolge 57 Prozent Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten ab. Auch sei die Einwanderung für die Deutschen mittlerweile zum wichtigsten Thema in Europa geworden und habe sogar eine noch größere Priorität als die Schuldenkrise, heißt es. Der Konflikt über Migration hat an Brisanz gewonnen und längst die Mitte der Gesellschaft erreicht.

Streit mit EU

Berlin. Deutschland droht wegen der immer noch verpflichtenden Sprachnachweise für nachziehende türkische Ehepartner ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission. Die Europäische Kommission habe der Bundesregierung am 13. Januar mitgeteilt, dass sie die Umsetzung eines EuGH-Urteils in der Sache für unzureichend halte, heißt es in der Antwort des Innenministeriums auf eine Frage der LINKE-Abgeordneten Sevim Dagdelen. Wer als Ausländer seinem Ehepartner nach Deutschland folgen will, muss seit 2007 vor der Einreise Deutschkenntnisse nachweisen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte diese Praxis im Juli 2014 gekippt. Die Bundesregierung will aber nicht auf die Sprachnachweise verzichten. Sie führte lediglich eine Härtefallregelung ein. dpa/nd

Eindrucksvoll war das am Aschermittwoch in Bayern zu beobachten, als AfD-Chef Bernd Lucke einen Angriff auf die Wählerstimmen der CSU ankündigte. Das sei die «Hauptbeute», die es zu erlegen gelte, sagte er. «Die Schande der Union ist der Verrat an ihren eigenen Positionen.» Lucke meinte damit, dass die Union aufgegeben habe, die Zuwanderung steuern und begrenzen zu wollen. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ließ diese Attacke nicht auf sich sitzen und proklamierte: «Rechts von uns wird es auf Dauer keine demokratisch legitimierte Partei geben.» Den Satz hat man schon häufig gehört. Er taucht immer dann auf, wenn es Streit um die Gunst der Wähler am rechten Rand gibt. Seehofer sagte in seiner Rede in Passau auch: «Wir sind nicht das Sozialamt der Welt.» Die Grünen rügten unmittelbar darauf, dass diese Parole Seehofers bereits von der NPD plakatiert worden sei. Zweifelsohne. Wenn um den rechten Rand gekämpft wird, geht es mitunter derbe zu.

Während also die Ablehnung gegenüber Fremden spürbar zugenommen hat, wird in diesem Jahr die Zahl der schutzsuchenden Flüchtlinge voraussichtlich erneut ansteigen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet mit mindestens 250 000 Erstanträgen auf Asyl sowie 50 000 Folgeanträgen, wie am Donnerstag bekannt wurde. Das Bundesamt erklärte diese Steigerungsraten mit den Bürgerkriegen in Syrien und Irak sowie dem Ukraine-Konflikt. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sprach von einer «extremen Herausforderung» und forderte, dass die Asylanträge schneller entschieden werden müssten. «Es müsse schnell klar sein, »ob es in Richtung Integration oder Ausreisepflicht geht«.

Vermutlich werden also auch die Abschiebungen noch weiter ansteigen. Dabei wurden im vergangenen Jahr bereits 10 884 Menschen ausgewiesen, so viele, wie seit acht Jahren nicht mehr. Dagegen protestiert Ulla Jelpke nach Kräften: Es sei ein Irrglaube, erklärte sie, »dass keine Asylsuchenden aus vermeintlich sicheren Ländern mehr kommen, wenn sie nur rücksichtslos genug abgeschoben werden«. Und im Hinblick auf Ausweisungen in andere EU-Staaten gemäß der Dubliner Vereinbarung merkt sie an: »Um dieses System durchzusetzen, werden jährlich Tausende Menschen inhaftiert und abgeschoben - statt ihre Asylanträge zu prüfen, werden sie wie Verbrecher behandelt.«

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