Sanftmütige Dissidenz

Wie »gutes« Leben jenseits der kapitalistischen Hamsterräder schon heute möglich ist? Das neue Magazin »transform« bietet Lesestoff für Wachstumskritiker

Dass Arbeiten im Kapitalismus entfremdete Arbeit bedeutet, ist nicht nur für Marx-Kenner eine ausgemachte Sache. Selbstverwirklichung ist ein Fremdwort auch in der automatisierten Arbeitswelt, in der prekäre, schlecht bezahlte und stupide Jobs dominieren. Normalerweise belassen es Linke bei dieser Kritik, suchen bestenfalls noch Beispiele zur Bestätigung der These. Die Macher von »transform - Magazin für das Gute Leben« wollen sich darauf aber nicht beschränken, sondern sie beschäftigen sich mit weiterführenden Fragen: »Was tun wir, wenn Roboter auch die hochentwickeltsten Jobs ersetzen können? Warum sind viele von uns unzufrieden in ihrem Beruf? Warum lassen wir uns Überstunden und Unterbezahlung gefallen? Und vor allem: was können wir dagegen tun?« Dies führt zu einer noch grundsätzlicheren Frage: »Wofür leben wir eigentlich?«

Das Magazin »transform« gibt es schon und gleichzeitig doch noch nicht. Es wurde bereits eine digitale Pilotausgabe zur Arbeitswelt mit dem Titel »Wir schmeißen hin!« veröffentlicht. Ob diese aber in erweiterter Form in Druck gehen kann, hängt vom Erfolg einer pünktlich zum Tag der Arbeit gestarteten Crowdfunding-Aktion ab. Mindestens 5000 Euro müssen bis Ende Mai eingesammelt werden, Ziel sind jedoch 10 000 Euro, womit 5000 Exemplare im Buchformat auf Recyclingpapier gedruckt und über ausgewählte Kioske vertrieben werden können. Bislang sind rund 3700 Euro zusammengekommen.

Die Initiatoren Richard Gasch und Jan Korte bezeichnen das Magazin als »angewandt-visionär«. »Wir rufen zu sanftmütiger Dissidenz auf. Denn das Leben, so wie wir es leben, soll doch vor allem eins sein: schön und genussvoll«, schreiben sie. Es gehe um »Anstöße für den gesellschaftlichen Wandel, ohne die Richtung vorzuschreiben«.

Die Autoren der Pilotausgabe - »Experten, Faulenzer und Selbstständige« - schreiben über Wege des Ausstiegs aus den »Hamsterrädern der Optimierungsgesellschaft«. So könne man weniger arbeiten, wenn man sich von überflüssigen Lebensgewohnheiten löse. Die britischen Autoren Tom Hodgkinson und Dan Kieran liefern Ideen für eine stilvolle Lebensführung ohne Geld.

Neben klassischen Nachhaltigkeitsthemen geht es eben auch um die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderung und die Wege dorthin. »transform« bietet kurze Texte für die Postwachstumsgesellschaft. Sie sind nicht theorielastig, sondern leicht lesbar und bieten »alltagstaugliche Inspirationen«. Vorgestellt werden Menschen und Projekte, die bereits den Wandel leben. In der Pilotausgabe sind es zwei Internetinitiativen - die eine prangert unfaire Stellenangebote bei Facebook an, die andere will das Teilen des Arbeitsplatzes ermöglichen.

Alternative Wege sollen auch nicht vor dem Magazin haltmachen: Um nicht falschen Konsumversprechungen eine Plattform zu bieten, ist Werbung tabu.

Infos zur Crowdfunding-Kampagne unter: www.startnext.com/transform-magazin

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