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Auf Sinnsuche

Joshua Ferris: Ein boshaft-ironischer Roman

  • Michael Saager
  • Lesedauer: 2 Min.

Für den Man Booker Prize hat es nicht gereicht, den bekam der Australier Richard Flanagan für seinen Roman »The Narrow Road to the Deep North«. Immerhin schaffte es Joshua Ferris mit »Mein fremdes Leben« über einen Zahnarzt auf Identitätssuche auf die Shortlist, also unter die besten sechs Romane des Jahres 2014, was ja auch nicht zu verachten ist.

Für den ersten Platz hätte es freilich auch gar nicht reichen dürfen. Wenn, dann hätte der 1974 geborene, in New York lebende Ferris den renommierten Preis für seinen Vorgänger »Ins Freie« (2010) verdient gehabt - für diese hypnotisch erzählte, nachgerade gnadenlose Geschichte des psychischen und physischen Untergangs eines Anwaltes. »Mein fremdes Leben« ist wohl kein schlechtes Buch, kann da aber keinesfalls mithalten.

Am hochgradig zynischen Ich-Erzähler liegt’s vermutlich nicht. Die Welt kennt zahlreiche literarisch erfolgreiche Antihelden bzw. Arschlöcher. Paul O’Rourke, so lautet der Name des gut situierten, unangenehm egozentrischen und reichlich bindungsgestörten Zahnarztes mit Praxis in Manhattan, sucht mit einer gewissen Penetranz nach einem tieferen Sinn in seinem Leben. Kein Wunder, die sanierungsbedürftigen Münder seiner Patienten lassen ihn überall nur Verfall und Tod entdecken.

O’Rourkes Wunsch, in etwas Größerem aufzugehen, geht gewissermaßen sogar in Erfüllung: Ein Fremder kapert seine Identität, legt ausgerechnet für ihn, einen Ignoranten des Digitalen, einen gefakten Facebook-Account an und verschickt unter O’Rourkes Namen zunehmend absurde, mithin politisch fragwürdige religiöse Botschaften.

So originell der boshaft-ironische Plot des Romans auch sein mag, so sehr fehlt der Handlung die pointierte Präzision seines Vorgängers. Allzu viele verlorene Worte driften Richtung Geschwätzigkeit. Das schadet der Spannung und dem Flow ganz erheblich. Von der Geduld des Lesers nicht zu schweigen.

Joshua Ferris: Mein fremdes Leben. Aus dem Amerikanischen von Marcus Ingendaay. Luchterhand. 384 S., geb., 19,99 €.

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