Rote Zahlen wegen »Dieselthematik«
VW übt sich in Zahlen- und Wortakrobatik
Die PR-Strategen des VW-Konzerns haben einen unverfänglichen Begriff zum Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte gefunden: Künftig will Volkswagen in der Unternehmenskommunikation einheitlich von »Dieselthematik« (bzw. »diesel issue« im Englischen) sprechen. Dieses Wort findet sich gleich 22 Mal in der am Mittwoch veröffentlichten Bilanz zum dritten Quartal, die von der Affäre vergelt wurde: Erstmals seit gut 20 Jahren steht vor Zinsen und Steuern ein dickes Minus von rund 3,5 Milliarden Euro - unterm Strich sind es 1,7 Milliarden. Hauptgrund für den hohen Verlust sind die Rückstellungen von bisher rund 6,7 Milliarden Euro für die Folgen des Skandals. Die Zahlen wären noch schlechter ausgefallen, wenn nicht der Verkauf der restlichen VW-Anteile am japanischen Autobauer Suzuki für 1,5 Milliarden Euro das Finanzergebnis aufgehübscht hätte.
Dabei liefen die Geschäfte laut den Angaben aus Wolfsburg zwischen Juli und Ende September angesichts des Abgas-Skandals sowie der Krisen in Schwellenländern wie China, Brasilien und Russland nicht so schlecht. So stieg der Konzernumsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um gut fünf Prozent auf 51,5 Milliarden Euro, wobei aber mit rund 2,4 Millionen Fahrzeugen 3,4 Prozent weniger verkauft wurden. Der Konzern erhöhte zudem die Gesamtzahl seiner Beschäftigten um 16 100 auf 613 900 Menschen weltweit.
Wegen der seit einem Jahr laufenden Bemühungen um mehr Kostendisziplin steigerte etwa das bisherige Sorgenkind VW-Pkw seine Gewinnkraft um rund ein Fünftel. Selbst der spanische Verlustbringer Seat ist wieder in schwarzen Zahlen. Womöglich deshalb lag die Aktie des Autokonzerns am späten Nachmittag gut ein Prozent im Plus.
Gut kam offenbar auch der von Volkswagen-Chef Matthias Müller zeitgleich vorgestellte Fünf-Punkte-Plan an, der den Konzern fit für die Zukunft machen soll. Neben Hilfen für Besitzer manipulierter Diesel-Autos und einer Aufklärung der Manipulationen zählen dazu auch ein Sparprogramm, ein neues Führungsverständnis sowie eine Erhöhung der Umsatzrendite. Auch wenn dies nicht in dem Plan vorkommt, soll natürlich die Politik wie schon früher helfend eingreifen. So will Müller während einer gemeinsamen Reise nach China mit der Bundeskanzlerin über den Skandal sprechen - er gehört dem Managertross an, der Angela Merkel beim Staatsbesuch begleitet. Und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fühlte bei einem USA-Besuch schon mal vor, was dort auf VW im Zuge des Abgas-Skandals zukommt. Allerdings wollten weder Transportminister Anthony Foxx noch die Verantwortlichen der Umweltschutzbehörde EPA konkrete Summen nennen. Dobrindt bekam aber immerhin mit, dass »auf amerikanischer Seite eine Verärgerung, eine Verstimmung da ist«, wie er sagte. VW werde noch erheblich daran arbeiten müssen, dass Vertrauen »wieder aufgebaut werden kann«.
Und da ist sich der Minister mit VW-Chef Müller einig, der bei der Bilanzvorstellung erklärte: »Wir werden alles daran setzen, verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen.« Mit einem geschönten Begriff allein wird es aber nicht getan sein.
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