A und U im Parlament

Erste Anhörung im neuen NSU-Ausschuss, NSA-Ausschuss müht sich

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein neuer Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terror des NSU-Netzwerkes begann am Donnerstag mit einer Anhörung. Der NSA-Ausschuss suchte derweil weiter akzeptable Antworten zur illegalen Hilfe des BND für US-Dienste.

Von René Heilig

Was den Umgang mit den sogenannten Selektoren betrifft, so könne er »keine 100-prozentige Antworten geben«, sagte ein Referatsleiter des Bundesnachrichtendienstes am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss. Die Befragung kam - wie zumeist - nicht richtig voran.

Ganz anders ging es zwei Etagen tiefer zu. Da sagte Barbara John: »Im Namen der Opferfamilien danke ich Ihnen für die Einsetzung dieses zweiten NSU-Untersuchungsausschusses.« Die Ombudsfrau, die sich ehrenamtlich um die Hinterbliebenen der vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) umgebrachten zehn Menschen kümmert, war die erste Sachverständige, die der neue Ausschuss zu Wort kommen ließ.

Die Angehörigen wollten wissen, warum gerade ihre Männer, Söhne, Väter vom NSU als Opfer ausgewählt wurden. Gleiches gelte für die Angehörigen der beiden Polizisten, auf die die Rechtsterroristen in Heilbronn geschossen haben sollen. Ihre Klienten wollen wissen, warum die Behörden die Mörder nicht stoppten.

Ein erster Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte im August 2013 einen Abschlussbericht vorgelegt. Wohl wissend, dass allzu viele Fragen offengeblieben sind. Dass dennoch eine gute Arbeit beispielsweise bei der Aufklärung von Blood&Honour-Strukturen geleistet wurde, bestätigt die Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke. Doch andere Netzwerke, die parallel zum NSU nach den geheimen Terrormustern von Combat 18 agierten, wurden außer acht gelassen. Doch sie sind bis heute aktiv, haben zum Teil neue Strukturen, verstecken sich zum Teil in angeblichen Parteien. Statt sich lange mit den höchst irreführenden Aussagen der in München als Mitglied und Helfer des NSU angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben aufzuhalten, sollte man sich um den Angeklagten André Eminger und seinen Bruder kümmern - wenn man nach Drahtziehern des rassistischen Terrors suche.

Wie Röpke, so bot der Publizist Dirk Laabs eine ganze Liste möglicher Untersuchungskomplexe an. Er befasste sich unter anderem mit Vertuschungsaktionen beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Einige in der vergangenen Legislaturperiode als Zeugen gehörte Verantwortliche hätten den Ausschuss nachweislich belogen.

Die Darstellungen der geladenen Arbeitskreisleiter der Innenministerkonferenz - einer vertrat den Polizei-, der andere den Verfassungsschutzbereich - boten sich gleichfalls als Gründe zur weiteren parlamentarischen Aufarbeitung an. Fazit der Beamten: Alle Lehren aus dem NSU-Aufklärungsversagen wurden gezogen.

Bei diesen Beschönigungen musste nicht nur Barbara John sichtlich an sich halten. Sie sieht weiter ein großes Defizit beim Thema Bekämpfung des Rechtsextremismus und meinte: »Haltungen verändere man nicht durch Predigten oder Empfehlungen.« Die verantwortliche Funktionselite habe noch lange nicht begriffen, dass es nicht darum gehe, den Staat zu schützen, sondern Menschen.

Zustimmendes und auch nachdenkliches Nicken bei den Ausschussmitgliedern. Der Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) warnte am rande der Befragung nachdrücklich, dass das Gefahrenpotenzial durch den Rechtsextremismus »heute noch höher als vor einigen Jahren« sei. Kernsatz des gelernten Polizisten: Die Lage »ist sehr gefährlich und brisant«.

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