Unglaublich - in Uniform und mit Blaskapelle!
Niederländische Antifaschisten fordern ein Ende der Bundeswehr-Ehrungen auf dem SS-Friedhof Ysselsteyn
Es ist weit mehr nötig, als Kasernennamen auszutauschen oder Soldatenstuben auszumisten. Angesichts des Skandals um Rechtsextreme in der Bundeswehr fordert die niederländische Vereinigung der Opfer des Faschismus, AfvN, erneut ein sofortiges Unterbinden obskuren Gedenkens auf dem Friedhof Ysselsteyn in Venray. Mindestens zwei Mal im Jahr ehren Bundeswehrsoldaten und -offiziere die dort nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestatteten Wehrmachts- und SS-Angehörigen. Einmal im Juli während der Vierdaagse (Vier-Tage-Märsche) im nahe gelegenen Nijmegen, an denen deutsche Militärs fast immer teilnehmen, sowie am Volkstrauertag im November (da sogar in Anwesenheit des deutschen Botschafters und hoher Generäle).
»Sie ehren ihre sogenannten Kameraden in Uniform und mit Blaskapelle. Das ist unglaublich!«, empört sich Arthur Graaff von der AfvN zu Recht. Er bittet die deutsche Öffentlichkeit, auf die Bundestagsabgeordneten und die Bundesregierung einzuwirken, diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Schlimm genug, dass sich auf dem SS-Friedhof regelmäßig Neonazis treffen, die unbehelligt und ohne Scham Hakenkreuz- und SS-Fahnen mit sich führen. In den letzten Jahren wurden in Ysselsteyn mehrfach sterbliche Überreste von Nazis, die in der Umgebung gefunden wurden, mit allen militärischen Ehren von der Bundeswehr beigesetzt, so Graaff.
Auf dem 30 Hektar großen Gelände sind 31 598 Tote beerdigt, neben Deutschen ebenso Niederländer, Polen, Russen und Ukrainer, die freiwillig in der faschistischen Wehrmacht oder SS dienten. Auch Kriegsverbrecher Ernst Knorr liegt dort, ein Düsseldorfer Gestapo- und SS-Mann, der 1940 ins besetzte Holland versetzt wurde, wo er im Referat IV A für die »Bekämpfung des Kommunismus« zuständig und für die Ermordung vieler Widerstandskämpfer verantwortlich war.
Der 1946 durch den Niederländischen Gräberdienst angelegte Friedhof Ysselsteyn ist 1976 in die Obhut der Bundesrepublik Deutschland übergeben worden. Seit Jahren protestieren niederländische Antifaschisten, unterstützt von der Fédération Internationale des Résistants (FIR), der internationalen Dachorganisation der Verbände antifaschistischer Widerstandskämpfer, gegen die offiziellen und inoffiziellen Umtriebe auf dem NS-Friedhof. Es ist Zeit, dass Berlin handelt!
In Spanien ist es unlängst geschehen. Mit dem Einverständnis der Bundesregierung wurden am Vorabend des 80. Jahrestages der Bombardierung von Gernika die letzten Spuren der Glorifizierung der »Legion Condor« auf dem Madrider Friedhof La Almudena getilgt. Die dort zu Franco-Zeiten im Bonner Auftrag errichtete Gedenkmauer mit der Aufschrift »Hier ruhen deutsche Piloten, gefallen im Kampf für ein freies Spanien. Deutsche Flieger, gestorben für Gott und für Spanien« ist entfernt worden. Der Verein »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939« (KFSR) begrüßte die Beseitigung des Ehrenmals für die Mörder baskischer Frauen, Männer und Kinder, fordert aber weiterhin explizit, die Traditionspflege der Bundeswehr im Bezug auf die furchtbaren Legionäre einzustellen und stattdessen die Deutschen, die auf der Iberischen Halbinsel den Faschismus abzuwehren versucht hatten, zu ehren.
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