»Man ist zu Gast bei Karl Marx«

Das Museum in Trier will künftig mehr Privates zeigen

  • Birgit Reichert, Trier
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Besuche bei Karl Marx werden künftig anders sein. Denn zu seinem 200. Geburtstag am 5. Mai zieht in dem schmucken barocken Haus in Trier (Rheinland-Pfalz), in dem Marx geboren wurde, eine komplett neue Dauerausstellung ein. Sie wird mehr zeigen von Marx, dem revolutionären Denker, der rund um den Globus als geistiger Vater des Kommunismus bekannt ist. Mehr Persönliches und Privates, aber auch mehr Politisches - und die Wirkung seiner Ideen bis in die Gegenwart soll fortgeschrieben werden.

Statt wie bisher alles chronologisch zu erzählen, sollen nun in den 13 Räumen des Museums »Karl-Marx-Haus« Leben, Werk und Wirkung von Marx Platz finden - und leicht zugänglich aufbereitet werden, sagt Kuratorin Ann-Katrin Thomm. »Das Thema geht nicht ohne Lesen«, stellt sie klar. Aber mit Texten, die nicht für Professoren geschrieben seien, sondern für jedermann, der sich für Marx und seine Ideen interessiere.

Anders als zuvor stellen die Ausstellungsmacher nun das Wohnhaus der Familie Marx wieder mehr in den Vordergrund. »Das größte Exponat, das wir haben, ist das Haus«, sagt Architekt Klaus Hollenbeck. »Hier haben wir schon viel Atmosphäre.« Um mehr davon zu bekommen, sind bei der Sanierung sämtliche Einbauten entfernt und die Fenster freigelegt worden. »Wir haben gesagt, man ist zu Gast bei Karl Marx.«

So soll man »Privates« spüren, wenn man in einen Raum mit vier gestalteten Tischen kommt, die Marx’ Arbeitsfelder zeigen: Journalist, Philosoph, Ökonom, Gesellschaftskritiker. Oder »Persönliches«, wenn man in einen transparenten Kopf von Marx schauen kann, der mit einem 3D-Stift wie ein Drahtgitter gezeichnet wird. Seine Arbeitsweise sei teils chaotisch gewesen, sagt Hollenbeck. Er habe ständig geschrieben und korrigiert. Zu den bekanntesten Werken von Marx gehören »Das Kapital« und »Zur Kritik der politischen Ökonomie«.

»Es geht darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie und was er gedacht hat, was er hinterlassen hat und was posthum aus seinen Ideen gemacht worden ist«, sagt Thomm. Dabei müsse man sich natürlich auch kritisch mit der Wirkungsgeschichte auseinandersetzen. Die vorherige Ausstellung endete im Jahr 1989. »Jetzt habe wir auch die Finanzkrise 2007/2008 mit aufgenommen«, erklärt die Kuratorin.

Zu den neuen Exponaten gehört ein Stuhl von Marx: Der Lesestuhl, auf dem er wohl oft gesessen und gelesen hat. »Vermutlich ist er auch darin gestorben«, sagt Thomm. In der Ausstellung werde diesem Stuhl ein moderner Stuhl gegenübergestellt, auf dem Besucher eine Audiospur hören könnten, um sich »ganz auf das Exponat einzulassen«, sagt Koordinatorin Caroline Kaiser von der projekt2508 Gruppe. Thomm betont: »Es soll aber kein Wallfahrtsort sein, sondern bloß ein Ort, an dem man sich persönlich auseinandersetzen kann.«

Am Ende der neuen Ausstellung, die inklusive Sanierung und Umbau des Hauses rund eine Million Euro gekostet hat, gibt es eine »Selfie-Wand«: Da wird man sich vor einer großen LED-Installation mit einem entsprechenden Bild von Marx im Hintergrund ablichten können, sagt Medientechniker Mathias Lim. Das Museum im Besitz der Friedrich-Ebert-Stiftung zählt rund 40 000 Besucher im Jahr, darunter 60 Prozent aus dem Ausland. Marx lebte die ersten eineinhalb Jahre seines Lebens in dem Haus, bevor seine Familie in ein anderes Trierer Haus umzog. Insgesamt verbrachte Marx die ersten 17 Lebensjahre in der Moselstadt. dpa/nd

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