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Erosion einer Volkspartei

Wolfgang Hübner über die anhaltende Krise der SPD

Von hundert auf null: Wohl kaum ein politischer Abstieg verlief so rasant wie der des Martin Schulz. Vor Kurzem noch auf Händen getragen, nun verdrängt und ein Schatten. Schulz hat Fehler gemacht, er hat sein Wort so offensichtlich gebrochen, dass man an seinem Verstand zweifeln musste. Mit seinem Höhenflug im Frühjahr 2017 konnte er ebenso wenig anfangen wie mit den Warnschüssen danach - und doch ist es längst nicht nur eine persönliche Krise.

Der Abgang des Mannes, der als einer der unglücklichsten Vorsitzenden in die Geschichte der SPD eingehen wird, ist ein Sinnbild für die Krise dieser Partei. Man kann nicht einmal behaupten, dass die SPD in den Koalitionsverhandlungen ungeschickt taktiert hätte. Aber sie verhielt sich wie fast immer: stets zur Stelle, wenn das Vaterland und die Union rufen. Und stets bereit, die Erneuerung, die Emanzipation von der Schröder-Ära zu vertagen. Die Kräfte der Beharrung sind stark, wie man am Machtkampf Sigmar Gabriels erkennt. Da wird es auch Andrea Nahles, die mutmaßlich erste Frau an der Spitze der SPD, nicht leicht haben.

Die Parteibasis wird nun - ohne Schulz - wohl dem Koalitionsvertrag zustimmen. Sie hat Angst vor baldigen Neuwahlen, und sie sollte Angst haben vor vier weiteren GroKo-Jahren. Man kann der Erosion einer Volkspartei beiwohnen. Der Kampf um eine ernsthafte Politik- und Machtoption links der Union muss womöglich ganz von vorn beginnen.

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